Washington/Berlin. Die Parallelen zu Barack Obama sind frappierend: Ist Hakeem Jeffries die Hoffnung der US-Demokraten für die Präsidentschaftswahl 2024?

Kaum hatte Hakeem Jeffries in der Nacht zum Samstag in dem Plenarsaal des US-Repräsentantenhaues eine mitreißende Rede beendet, die demokratische Parteifreunde mit begeistertem Applaus quittierten, schon bimmelte sein Handy. In den darauffolgenden Stunden leuchtete der Bildschirm seines Mobiltelefons immer wieder auf. Anhänger aus seinem Wahlbezirk in Brooklyn, New York, afroamerikanische Politiker aus verschiedenen Südstaaten, selbst sein großes Vorbild, der frühere Präsident Barack Obama, soll versucht haben, den Senkrechtstarter zu erreichen.

Um ihm, wie sie das alle wollten, zu gratulieren und Jeffries nahezulegen, dass er sich um höhere Ämter bewirbt - vielleicht sogar die Präsidentschaft , die Obama selbst im November 2008 erobert hatte. In der Tat erinnerte der Auftritt des Kongressabgeordneten, der seit 2013 einen der ärmsten Stadtbezirke von New York im Repräsentantenhaus vertritt, an den 44. Präsidenten.

Barack Obama: Tritt Hakeem Jeffries in seine Fußstapfen?

Genauer gesagt: An eine Rede, die Obama im Jahr 2004 beim Parteikonvent der Demokraten in Boston gehalten hatte. Damals ein Mitglied des Senats des US-Staates Illinois, zog Obama das Publikum mit einer knapp zwanzigminütigen Predigt in seinen Bann. Er berichtete von seiner Kindheit als Sohn eines Einwanderers aus Kenia, lobte die Möglichkeiten, die ihm der weltgrößte Schmelztiegel USA geboten habe, und skizzierte seine Vision eines besseren Amerika. Prompt wurde gemunkelt, der Mann habe das Zeug zum nächsten Präsidenten. Vier Jahre später war es dann soweit, als der neue Superstar der Partei den Republikaner John McCain in einem Erdrutschsieg bezwang. Auch interessant: USA: Republikaner George Santos log in seinem Lebenslauf

Ein ähnliche Elektrizität war in dieser Nacht im Repräsentantenhaus zu spüren, als Jeffries die Republikaner einerseits zur Zusammenarbeit aufforderte, sie aber gleichzeitig an den Pranger stellte. Die Politiker in der unteren Kongresskammer sollten "nicht als Demokraten und als Republikaner, sondern als Amerikaner handeln". Gleichwohl ließ er keinen Zweifel daran aufkommen, "dass wir als Demokraten niemals unsere Prinzipien verraten werden". Es war weniger eine Rede als vielmehr eine inbrünstige, leidenschaftliche Predigt.

Hakeem Jeffries führt die Demokraten im Repräsentantenhaus an.
Hakeem Jeffries führt die Demokraten im Repräsentantenhaus an. © Lenin Nolly/ZUMA Press Wire/dpa

USA: Neue Lichtgestalt der Demokraten - selbst Republikaner erkennen Jeffries' Talent an

Mit dem rhythmischen Takt eines Rappers, der seinen Sprechgesang vorträgt, redete er Republikanern, die vier Jahre lang die Entgleisungen des ehemaligen Präsidenten Donald Trump geduldet und sogar bejubelt hatten, unermüdlich ins Gewissen. Jenen Republikanern, die sich gerade mit 15 Abstimmungen zum Sprecher des Repräsentantenhauses blamiert hatten und dabei einmal mehr als tief gespaltene, radikalisierte Partei enttarnt wurden.

Demokraten hingegen, so Jeffries, würden immer "Werte über Autokratie stellen, Wohlwollen über Vorurteile, Verfassung über Kult, Demokratie über Demagogie. Freiheit über Faschismus, Hoffnung über Hass und Reife über Mar-a-Lago!" wetterte er. Jeffries geißelte die Opposition und insbesondere die Trumpisten unter ihnen. Selbst einige Republikaner räumten anschließend ein, dass Jeffries ein Mann mit einer Zukunft sei, ja vielleicht sogar als nächster Präsidentschaftskandidat.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von einem externen Anbieter, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Den Lebenslauf, den Ehrgeiz und den Pragmatismus hat der Demokrat allemal. Geboren wurde Hakeem Sekou Jeffries in Brooklyn in ärmlichen Verhältnissen. Seine Mutter Laneda war von Beruf Sozialarbeiterin, und Vater Marland beriet rauschgiftsüchtige Jugendliche. Hakeem entschied sich nach dem High-School-Abschluss für ein Studium der Politikwissenschaften, zunächst an der Binghamton Universität in New York und dann der Elite-Uni Georgetown in Washington, wo er später auch als Jurist promovierte.

US-Präsident Joe Biden und sein Vorgänger Barack Obama in Pennsylvania.
US-Präsident Joe Biden und sein Vorgänger Barack Obama in Pennsylvania. © Patrick Semansky/AP/dpa

Hakeem Jeffries: Was er mit Obama gemeinsam hat

Der junge Anwalt war zunächst in Privatkanzleien beschäftigt und später als Rechtsberater des Fernsehnetzwerks CBS. Seine Vorliebe für die Politik entdeckte er aber schon mit Anfang 30 und bewarb sich zwei Mal vergeblich um einen Sitz im New Yorker Stadtparlament, wo er erst im dritten Anlauf im Jahr 2007 einzog. 2012 wurde er dann das erste Mal ins US-Repräsentantenhaus gewählt, wo er nun seine sechste Amtsperiode absolviert. Lesen Sie hier: Joe Biden: So romantisch ist der Präsident der USA

Mit dem Etikett des potenziell "nächsten Obama" lebt Jeffries schon seit Beginn seiner politischen Karriere. Das leidenschaftliche Engagement für Themen, die seine Wählerschaft betreffen, die Eloquenz, die Authentizität und Intelligenz des Vortrags, die Bürgernähe, alles erinnert ein wenig an den 44. Präsidenten. Als in einem Fahrstuhl in einem Apartmentgebäude in Brooklyn ein sechsjähriges Kind ermordet wurde, setzte Jeffries ein Gesetz durch, das mehr Geld für Sicherheitsvorkehrungen in öffentlichen Wohnbauprojekten vorsieht.

Auch kämpft er seit Jahren für neue Waffengesetze und will insbesondere der immer wiederkehrenden Polizeigewalt gegen unbewaffnete Schwarze einen Riegel vorschieben. Jeffries versteht sich zwar als Zentrist, koaliert aber mit dem liberalen Parteiflügel, wenn es beispielsweise um den Kampf gegen den Klimawandel geht. Seine Chancen könnten 2024 gar nicht so schlecht sein.

Schließlich ist unklar, ob Präsident Joe Biden, der dann seinen 82. Geburtstag feiern wird, tatsächlich ein weiteres Mal antreten will. Die Demokraten selbst sagen, sie bräuchten "frisches Blut", einen kompetenten, jüngeren Kandidaten, der selbstbewusst ist und "republikanischen Rüpeln" die Stirn bieten kann. Hakeem Jeffries lässt sich nicht in die Karten schauen, ausschließen will er aber einen Anlauf auf das Weiße Haus auf keinen Fall.