Paris. Im Prozess um den Terroranschlag in Nizza sind acht Helfer des Täters verurteilt worden. Das Ausmaß empört die Angehörigen der Opfer.

Nach 14-wöchigen Verhandlungen sind im Prozess um den Terroranschlag in Nizza vom Juli 2016 am späten Dienstagnachmittag die die Urteile gefallen. Alle Angeklagten, sieben Männer und eine Frau, wurden wegen ihrer Unterstützung des von der Polizei erschossenen Attentäters zu Haftstrafen von zwei bis 18 Jahren verurteilt.

Laetitia R., die aus Nizza angereist war, um der Urteilverkündung beizuwohnen, verließ den Gesichtsaal mit versteinerter Miene. „Die sind viel zu glimpflich davongekommen“, schimpft die junge Frau, in deren Augen die Strafen „in keinem Verhältnis zu dem Ausmaß des Blutbads stehen, für welches diese Menschen mitverantwortlich sind“. Eine Meinung, die von vielen Angehörigen der Opfer und Überlebenden des Attentats in der Stadt am Mittelmeer geteilt wird, welches 86 Tote sowie mehr als 250 Verletzte forderte.

Terroranschlag von Nizza: Täter ließ sich nicht aufhalten

Laetitia gehörte zu den Tausenden Einwohnern und Touristen, die an jenem Abend auf der weltbekannten „Promenade des Anglais“ dem Feuerwerk beiwohnen, mit dem in Nizza traditionell der französische Nationalfeiertag begangen wird. Doch weder die Absperrungen der für diesen Anlass in eine Fußgängerzone verwandelten Flaniermeile noch die Sicherheitskräfte vermögen einen weißen Kühltransporter daran zu hindern, auf die Uferpromenade einzubiegen und im Zick-Zack durch die Menschenmenge zu pflügen. Die damals 16 Jahre alte Laetitia verfehlt der schwere Laster nur um wenige Zentimeter, weil sie von ihrem Bruder gerade noch rechtzeitig zur Seite gerissen wird.

Erst nach zwei Kilometern kommt der LKW auf der Höhe des bekannten Nobelhotels Negresco im Feuer schwerbewaffneter Ordnungshüter zum Stillstand. Der Kugelhagel durchsiebt Front und Windschutzscheibe des Lasters und tötet den 31-jährigen Tunesier Mohamed Lahouaiej-Bouhlel, der bis zum letzten Atemzug mit einem Revolver in die Menge und auf die Beamten geschossen hatte.

Prozess bringt kein Licht in die Hintergründe des Anschlags

Während des Prozesses vor dem Pariser Terrorgerichtshof ist den von 119 Anwälten vertretenen 850 0pfern oder deren Angehörigen aus 29 Ländern, die als Zivilkläger teilnahmen, viel Aufmerksamkeit eingeräumt worden. Sechs Wochen waren ausschließlich den Aussagen der Zivilparteien gewidmet. Doch in die Hintergründe des von der Terrormiliz „Islamischer Staat“ für sich reklamierten Anschlags hat das Verfahren kein Licht bringen können, weil die Angeklagten bis zuletzt vehement abstritten, in die Absichten des Attentäters eingeweiht gewesen zu sein.

Laut den Ermittlern war Lahouaiej-Bouhlel ein zur Gewalttätigkeit neigender Mann, der sich erst wenige Monate vor dem Attentat der dschihadistischen Ideologie verschrieb. Für eine Verbindung zum IS fanden sich jedoch weder bei ihm noch bei den acht Unterstützern irgendwelche Belege. Der Mitwisserschaft bezichtigte die Staatsanwaltschaft tatsächlich nur zwei der Verurteilten, welche der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung für schuldig befunden und zu 18 Jahren Haft verurteilt wurden.

Fünf der übrigen sechs Verurteilten, die den Täter beim Anmieten einer Wohnung und des LKW oder bei der Beschaffung seiner Waffen geholfen hatten, kamen als Helfershelfer mit zwei bis fünf Jahren Gefängnis davon. Das Strafmaß des Sechsten hingegen wurde wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung auf 12 Jahre erhöht.

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