Berlin. Bei seiner Regierungserklärung gibt Olaf Scholz sich staatsmännisch und blickt auf die Probleme, die aus dem Ukraine-Krieg folgen.

Gerade einmal zehn Monate hatte es gedauert, bis der Bundeskanzler seine wichtigste Trumpfkarte ziehen musste. Den immer giftiger werdenden Streit zwischen den Koalitionspartnern hatte Olaf Scholz (SPD) am Montag nur lösen können, indem er sich auf die Richtlinien-Kompetenz berief und seinen Vizekanzler und Finanzminister in die Schranken wies. Ein neuen „Basta“-Stil hatten manche da gesehen – ganz untypisch für Scholz.

Der soll allerdings offenbar eine Ausnahme bleiben. Von einem Machtwort-Kanzler war bei der Regierungserklärung am Donnerstag wenig zu sehen. Im Bundestag gab sich Scholz staatsmännisch und fokussiert, nicht auf Streitigkeiten innerhalb der Koalition, sondern die großen Krisen, die der Krieg in der Ukraine produziert hat.

Bundeskanzler Olaf Scholz: „Wir sind nicht schwach“

Vor dem zweitägigen EU-Gipfel, der am Donnerstag begann, betonte der Bundeskanzler die andauernde Solidarität mit und Unterstützung Deutschlands für die Ukraine. Der russische Präsident Wladimir Putin spekuliere auf die Schwäche Deutschlands und Europas, sagte Scholz in seiner Regierungserklärung. „Aber er irrt sich. Wir sind nicht schwach.“ Deutschland und Europa würden zusammenstehen – und Putin werde seine Kriegsziele nicht erreichen.

Konkret nannte Scholz eine Reihe von Unterstützungsmaßnahmen für die Ukraine: Die deutschen Waffenlieferungen, Sanktionen, finanzielle Hilfe und die Ausbildung ukrainischer Soldaten. In der kommenden Woche sollen außerdem bei einem Expertenkongress Vorschläge gesammelt werden für einen Wiederaufbau der Ukraine – eine „Generationenaufgabe“, wie Scholz betonte.

Auch in Deutschland, räumte der Kanzler ein, würden die Folgen des Kriegs eine große Herausforderung darstellen. Deutschland habe sich aus der Abhängigkeit von russischem Gas befreit und gehe gut vorbereitet in den kommenden Winter. Doch die viel zu hohen Energiepreise seien eine große „Bewährungsprobe“ für das Land. Die Bundesregierung arbeite deshalb „mit Hochdruck“ an der Einführung einer Strompreisbremse. Ziel sei es, die Bürgerinnen und Bürger so rasch wie möglich für ein Grundkontingent von Strom zu entlasten.

Scholz warnt vor Risiken eines Gaspreisdeckels

Auch bei den Gaspreisen sagte er Bürgerinnen und Bürgern, aber auch der Wirtschaft erneut Unterstützung zu. „Niemand, keine Familie, keine Rentnerin, kein Student und auch kein Unternehmen soll Angst haben, von den Preisen für Strom, Gas oder Fernwärme überfordert zu werden.“ Den Vorschlag der Expertenkommission zu einer Gaspreisbremse werde die Bundesregierung jetzt umsetzen.

Auf europäischer Ebene, räumte er ein, sei die Angelegenheit „komplizierter“. Einen Gaspreisdeckel, wie ihn manche europäischen Länder fordern, lehnt Scholz ab. Dieser berge das Risiko, dass Produzenten ihr Gas schlicht außerhalb Europas verkaufen würden – „und wir Europäer am Ende nicht mehr Gas bekommen, sondern weniger.“ Trotzdem müsse man mit den Anbietern über einen angemessenen Preis sprechen. Scholz äußerte die Hoffnung, dass Länder wie die USA, Kanada oder Norwegen, dafür offen seien. Denn diese hätten ein Interesse daran, dass Energie in Europa nicht unbezahlbar würde.

CDU-Chef Merz kritisiert, dass keine Panzer geliefert werden

Einen ausdrücklich staatsmännischen Ton schlug auch Oppositionsführer Friedrich Merz zu Beginn seiner Rede an. Er wünsche Scholz und den europäischen Partnerinnen und Partnern „jeden möglichen Erfolg“ für die Beratungen beim EU-Gipfel, sagte er zu Beginn seiner Rede. Gleichzeitig kritisierte der CDU-Chef erneut, dass bisher auf die Lieferung von Schützen- und Kampfpanzern westlicher Bauart in die Ukraine verzichtet wurde. Viele EU-Mitglieder befürworteten dies. „Dieser Krieg wäre dann möglicherweise schneller zu Ende gewesen.“

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann kritisierte ihrerseits Merz scharf für seine Äußerungen über Geflüchtete aus der Ukraine: Es habe „wehgetan“, sagte sie, dass Merz sich in dieser Situation sich „so abwertend und populistisch“ geäußert habe, sagte Haßelmann. Daran ändere auch eine „halbseidene“ Entschuldigung nichts. Merz hatte in Bezug auf Geflüchtete aus der Ukraine von „Sozialtourismus“ gesprochen, ohne Belege für ein solches Phänomen liefern zu können. Nach scharfer Kritik war er zurückgerudert.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.