Berlin. Aus für den Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik: Schönbohm stolpert über dubiose Russland-Kontakte.

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hat den Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, abberufen. Überraschend kommt der Schritt nicht mehr.

Seine Teilnahme an einer Jubiläumsfeier des Cyber-Sicherheitsrats Deutschland e.V. wurde ihm zum Verhängnis. Der Verein ist wegen dubioser Russland-Kontakte in der Kritik. Und keiner wusste es besser als Schönbohm. Als die Vorgänge vor gut einer Woche publik wurden, ging Faeser auf Distanz und sagte demonstrativ eine lange geplante gemeinsame Pressekonferenz mit ihm ab.

Am Dienstag erklärte das Ministerium, dass Faeser entschieden habe, ihm die Führung der Dienstgeschäfte als Präsident des BSI "mit sofortiger Wirkung zu untersagen“, Die Nachfolge ist laut Innenministerium noch nicht geklärt.

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Spätestens seit 2019 steht der Verein wegen seiner Nähe zur Regierung in Russland in der Kritik, insbesondere Vereinspräsident Hans-Wilhelm Dünn. Ihm wurde vorgeworfen, er habe sich „vor den Karren Russlands spannen lassen“. Einzelne Vertreter der Wirtschaft traten als Mitglieder zurück. "Wir sind damals mit dem Bund Deutscher Kriminalbeamter schnellstmöglich ausgetreten", erinnert sich Sebastian Fiedler, heute SPD-Abgeordneter.

Russland-Kontakte: War BSI-Chef Schönbohm vorgewarnt?

Er sagte unserer Redaktion, Putins Russland stehe gerade nicht auf "unserer Freundesliste". Vom obersten Cyberschützer des Landes dürfe man eine größtmögliche Distanz erwarten. Dass nun "eine dubiose Softwarefirma" mit russischem Geheimdiensthintergrund auf der Bildfläche erscheine, "macht alles nur noch schlimmer".

Gemeint ist die de Cybersicherheitsfirma Protelion. Dünn betreibt derweil Schadensbegrenzung. Er verkündete am Montag ihren Ausschluss aus dem Verein. "Das Agieren der Protelion GmbH ist ein Verstoß gegen die Vereinsziele des Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V.“, betonte er.

In Sicherheitskreisen sorgte man sich seit Langem, dass russische Einflussagenten die Kongresse des Vereines ausnützen könnten. Problematisch ist auch, dass sich der Verein einen offiziellen Anstrich gibt. Der Titel ist zum Verwechseln ähnlich mit dem Nationalen Cyber-Sicherheitsrat der Bundesregierung.

Schönbohm selbst war dem Vernehmen nach gewarnt. Mehr noch: Seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erteilte er die Weisung, keine Auftritte mit Vertretern des Vereins zu absolvieren. Warum er sich selbst nicht daran hielt, ist unklar.

Russland-Kontakte: Faeser seit einer Woche unter Handlungsdruck

Nachdem Jan Böhmermann in seiner Satire-Sendung „ZDF Magazin Royal“ am Freitagabend die Recherchen des Netzwerks „Policy Network Analytics“ präsentierte, unter anderem über Schönbohms Auftritt bei einer Feier zum zehnjährigen Jubiläum des Vereins, geriet Faeser unter Handlungsdruck. Die Personalie Arne Schönbohm, Sohn des ehemaligen Innenministers von Brandenburg, Jörg Schönbohm (CDU), war seit der Berufung durch den damaligen Bundesinnenministers Thomas de Maiziere (CDU), im Jahr 2016 umstritten. Schönbohm hatte den „Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V.“ vor zehn Jahren mitgegründet.

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Gründer dubioser Firma hat Verbindungen zum KGB

Mitglied in diesem Verein sind nicht nur die Polizeigewerkschaft, das Gesundheitsministerium, Banken und Firmen aus dem Energiesektor, sondern eben auch die Protelion GmbH. Sie ist, so ist es ihrer Webseite zu entnehmen „ein führender internationaler IT-Sicherheitsanbieter“ und bietet Schutz vor in- und ausländischen Hackerangriffen. Sie vertreibt die Sicherheitssoftware „VIPNet“.

Nach den Recherchen, die Böhmermann präsentierte, soll Protelion aus dem russischen Unternehmen Infotecs hervorgegangen sein. Dessen Gründer soll zuvor beim russischen Geheimdienst KGB in der Forschungsabteilung aktiv gewesen ein. Er wurde vom russischen Präsidenten Wladimir Putin persönlich für sein Wirken mit einer Ehrenmedaille ausgezeichnet. Putin würdigte „die über 30-jährige Tätigkeit eines Cyber-Sicherheitsunternehmens Infotecs“.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost. de