Berlin. Aktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ blockierten am Montag Autobahnen in Berlin. Zu einer Störung kam es auch im Bundestag.

Wieder haben sich Klimaaktivisten an Autobahnausfahrten auf den Asphalt geklebt und so für reichlich Staus gesorgt. Dieses Mal gingen die Mitglieder von „Letzte Generation“ aber noch einen Schritt weiter, um gegen die Umweltpolitik der Bundesregierung zu demonstrieren und auf sich aufmerksam zu machen: Sie lösten einen Feueralarm im Bundestag sowie im Verkehrsministerium aus – und haben das Video dazu ins Netz gestellt. Zu Blockaden in Berlin kommt es auch am Dienstag, 11. Oktober 2022 – alle News hier.

Zehn Einsatzkräfte der Berliner Feuerwehr fuhren in fünf Fahrzeugen im Eiltempo zum Bundestag. Da wussten sie noch nicht, dass sich ein 19-Jähriger Zugang zum Bundestag verschafft, die kleine Scheibe des Alarmknopfes zerschlagen und den roten Knopf gegen 10.15 Uhr gedrückt hatte, ohne dass ein Feuer ausgebrochen war.

„Die schallenden Sirenen verkünden das Offensichtliche: Wir befinden uns in einem Klima-Notfall und die Regierung hat die Pflicht, entsprechend zu handeln“, hieß es in einer Pressemitteilung der Aktivisten. „Wir müssen jetzt alle wachrütteln. Im Klimanotfall brauchen wir von der Regierung jetzt zumindest die ersten, einfachen Sicherheitsmaßnahmen“.

Strafanzeigen wegen Missbrauchs von Notrufen und Hausfriedensbruch

Die Mitglieder der "Letzten Generation" fordern ein Tempolimit auf Autobahnen sowie bezahlbaren ÖPNV für alle. Wenn das von der Regierung umgesetzt werden würde, würden sie mit ihren Protestaktionen vorerst aufhören. „Sollte die Regierung nicht zur Vernunft kommen, werden wir in einer Woche auf Berlins Straßen strömen und den Alltag so lange stören, bis sich das ändert“, hieß es in einer Videobotschaft. Lesen Sie auch: Klima-Demos in Berlin – Warum Aktivisten so protestieren

Die Autobahn-Blockaden wurden laut Verkehrsinformationszentrale (VIZ) gegen 10.15 Uhr aufgelöst. Betroffen waren zeitweise folgende Strecken bzw. Ausfahrten:

  • A114: Ausfahrt Prenzlauer Promenade/Granitzstraße
  • A103 Richtung Steglitz: Ausfahrt Schloßstraße/Wolfensteinstraße
  • A100 (Berliner Stadtautobahn) Richtung Wedding: Ausfahrt Schmargendorf im Bereich Konstanzer Straße von Aktivisten blockiert. Der Stau reichte auch auf den Abzweig Steglitz zurück
  • A100 Richtung Wedding: Abfahrt Spandauer Damm
Ein Mitglied der Gruppe „Letzte Generation“ wird von einem Polizeibeamten von der Autobahnabfahrt an der Beusselstraße gezogen.
Ein Mitglied der Gruppe „Letzte Generation“ wird von einem Polizeibeamten von der Autobahnabfahrt an der Beusselstraße gezogen. © dpa

Die Aktivisten sind bereit, Strafen in Kauf nehmen: Für die Aktion im Bundestag stellte die Polizei Strafanzeigen wegen Missbrauchs von Notrufen und Hausfriedensbruch aus. Beobachtet werden müsste die Klimaaktivistenszene aber nicht, sagt der Berliner Verfassungsschutz.

Klimaaktivisten verstoßen nicht gegen freiheitlich-demokratische Grundordnung

„Wir haben das sorgfältig juristisch geprüft“, sagte Behördenleiter Michael Fischer am Montag im Verfassungsschutzausschuss des Abgeordnetenhauses. Die Aktivistinnen und Aktivisten würden keine der beiden zentralen Bedingungen erfüllen, die eine Beobachtungen notwendig mache.

So würden sie nicht gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung handeln, so Fischer weiter – also nicht das Ziel verfolgen, Menschenwürde oder das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip außer Kraft zu setzen. „Und auch Bestand und Funktionsfähigkeit des Staates sind aus unserer Sicht nicht in Gefahr, da die Polizei immer in der Lage war, entsprechend zu reagieren und die Aktionen zu beenden“, sagte der Verfassungsschutzchef. „Wir sind da raus.“

FDP wünscht sich strikteres Vorgehen gegen Klimaaktivisten

Die FDP, die das Thema auf die Tagesordnung des Ausschusses gebracht hatte, wünscht ein strikteres Vorgehen gegen die Klimaschützerinnen und -schützer. „Wenn Krankenwagen und Fahrzeuge der Gasag nicht mehr durchkommen, ist das zumindest eine abstrakte Gefährdung, die sich schnell in eine konkrete verwandeln kann“, sagte der verfassungsschutzpolitische Sprecher der Liberalen Holger Krestel.

Dem widersprach der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion Niklas Schrader. „Nicht jede Form des zivilen Ungehorsams ist gleich ein Fall für den Verfassungsschutz, nicht einmal jede Straftat.“ Klimaschutz sei vielmehr eine Pflicht des Gesetzgebers, die sich aus dem Grundgesetz ableitet – was allerdings keine Straftaten rechtfertige.

Blockaden in Berlin: Aktivisten fordern unter anderem Tempolimit auf Autobahnen

Die Aktivisten hatten die neuen Blockaden in Berlin in der vergangenen Woche angekündigt. Zu ihren Forderungen zählen ein Tempolimit auf Autobahnen und einen bezahlbaren öffentlichen Nahverkehr.

„Sollte die Regierung nicht zur Vernunft kommen, werden wir in einer Woche auf Berlins Straßen strömen und den Alltag so lange stören, bis sich das ändert“, hieß es in einer Videobotschaft.

Zuletzt hatten die Aktivisten Anfang September in Berlin-Friedrichshain die Petersburger Straße blockiert. Zuvor war ein Mitglied der Gruppe in einem ersten Prozess zu 60 Stunden Freizeitarbeit verurteilt worden.