Berlin . “Volksverräter“ und „Hau ab“: Lautstarke Proteste schlugen dem Kanzler bei einer Veranstaltung in Neuruppin entgegen. So reagierte er.

Es nennt sich „Bürgerdialog“ – nicht ganz zutreffend an diesem späten Mittwochabend auf dem Schulplatz im brandenburgischen Neuruppin. Denn statt eines Dialogs wird Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) von zahlreichen Anwesenden niedergebrüllt. „Volksverräter“, „Lügner“ und „Hau ab“ schallt es ihm entgegen.

Scholz wäre nicht Scholz, wenn er seinen Auftritt nicht trotzdem durchgezogen hätte. Über die Lautsprecheranlage redet er gegen die Wut an, gegen die Sprechchöre, gegen das Pfeifkonzert.

Olaf Scholz und die Buh-Rufe: Im Herbst könnte es heftiger werden

Scholz, der seinen Wahlkreis in Brandenburg hat, verspricht ein dauerhaft „stabiles Rentenniveau“, Entlastungen, die Bürgern gegen Inflation und hohe Energiepreise helfen sollen – und einem Sechstklässler, dass trotz Gasmangels der Schulbetrieb im Winter einschließlich Aktivitäten in Turnhallen gesichert würde. „Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass wir das hinkriegen.“

In Neuruppin hatten sowohl die Linke als auch die AfD zu Gegendemonstrationen aufgerufen. Sie sind womöglich nur eine Hörprobe. Denn im Herbst werden massive Proteste erwartet. Zuletzt hatte der Verfassungsschutz gewarnt, dass extreme Gruppierungen die aktuellen Krisen zur Mobilisierung nutzen könnten.

Olaf Scholz: Fragen nach Schießbefehl

Nach Angaben einer Polizeisprecherin gab es in Neuruppin eine Anzeige wegen Widerstands, weil eine Person den abgesperrten Bereich nicht verlassen wollte. Personalien seien festgestellt worden. Verstöße gegen das Versammlungsgesetz würden geprüft.

Auf die Frage eines Bürgers, ob der Kanzler "den Schießbefehl erteilen" werde, wenn die Menschen wieder auf die Straße gingen, antwortete Scholz: "Niemand in diesem Land hat vor, dass auf Demonstranten geschossen wird, und wer solche Schauermärchen verbreitet, ist ein schlimmer Propagandist, wenn ich das einmal ganz deutlich sagen darf."

(san)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.