Berlin. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat einen Plan erarbeitet, wie Energie eingespart werden soll. Das erwartet die Verbraucher.

Die sommerlichen Temperaturen in großen Teilen Deutschlands haben die Sorgen vor kalten Wohnungen und stillstehenden Fließbändern in der Industrie im kommenden Winter bei vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern in den Hintergrund treten lassen.

Doch ein Gasembargo hängt weiterhin wie ein Damoklesschwert über den deutschen Haushalten und der Wirtschaft. Dreht Russlands Präsident Wladimir Putin den Gashahn zu, drohen Rationierungen.

Energie: Robert Habeck ruft zum Sparen auf

Trotz aller Bestrebungen, im Zuge des Ukraine-Krieges unabhängig von russischer Energie zu werden, kommt noch immer mehr als jeder dritte Kubikmeter Gas aus Russland. „Wir setzen derzeit alle Hebel in Bewegung, um unabhängiger zu werden und uns für den nächsten und die kommenden Winter zu wappnen“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck unserer Redaktion.

Der effizienteste Weg zur Unabhängigkeit sei es, Energie zu sparen – hier sieht der Grünenpolitiker Verbraucher und Unternehmen in der Pflicht. Energie zu sparen sei eine „gemeinsame nationale Aufgabe“, sagte Habeck. In einem Arbeitsplan, der unserer Redaktion vorliegt, zeichnet Habeck einen Pfad, wie er die Deutschen zum Energiesparen bringen möchte.

Neue Heizungen in den Wohnungen

Geht die Ölheizung oder der Gaskessel kaputt, kann die Heizung bald nicht mehr einfach eins zu eins ersetzt werden. Ab 2024 soll jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Damit ist zwar der Einbau kleiner Hybridsysteme bei Gaskesseln noch denkbar, de facto dürfte diese Regelung aber auf ein Öl- und Gasheizungsverbot hinauslaufen.

Stattdessen sollen Solar- oder Geothermie, Holzpelletheizungen und vor allem Wärmepumpen die Wohnungen heizen. Nur: Wer sich heute schon eine Wärmepumpe installieren lassen möchte, landet regelmäßig vor einem Problem: Viele Sanitär- und Heizungsbauer sind nicht auf Wärmepumpen spezialisiert, Wärmepumpenanbieter sind oft auf Monate ausgebucht.

Trotzdem sollen ab 2024 pro Jahr mehr als eine halbe Million Wärmepumpen installiert werden. Damit das gelingt, will das Wirtschaftsministerium Handwerksbetrieben einen Anreiz bieten, um den Wärmepumpenausbau zu priorisieren. Wie dieser Anreiz konkret aussehen soll, steht noch nicht fest.

Solaranlagen auf die Dächer

Auch bei Solaranlagen dürfen sich die Handwerksbetriebe über volle Auftragsbücher freuen: Im zweiten Halbjahr des laufenden Jahres soll gesetzlich verankert werden, dass das Solardach zum Standard wird. Bereits im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP darauf verständigt, eine Solaranlagen-Pflicht für gewerbliche Neubauten einführen zu wollen – bei Wohngebäuden sollen Solaranlagen „die Regel“ werden. CDU/CSU und SPD hatten sich in der Vorgängerregierung nicht auf eine Solaranlagenpflicht einigen können.

Schärfere Vorgaben beim Neubau

Beim Wohnungsneubau hat die Ampel-Koalition in diesem Jahr bereits ein doppeltes Fiasko erlebt: Zunächst musste die Koalition im Januar einen Förderstopp für klimafreundliche Gebäude verkünden, nachdem sie von Antragsstellern regelrecht überrannt worden war.

Als im April ein neuer Fördertopf eröffnet wurde, war dieser binnen Stunden ausgeschöpft. Ab 2025 soll nur noch der strengere Effizienzhausstandard 40 gefördert werden. Ab dem kommenden Jahr soll ein neues Förderprogramm für klimafreundliches Bauen kommen.

Mehr Geld für Sanierungen

Ein Drittel der gesamten Energie in Deutschland wird in Gebäuden verbraucht. Die Ampel-Koalition will Sanierungen vorantreiben. Der Fokus soll dabei auf den energetisch schlechtesten Gebäuden liegen. Zum einen soll es eine bessere Förderung geben, wenn alte Fenster, Außentüren oder die Heizung ausgetauscht werden müssen.

Bis zum Sommer soll eine entsprechende Reform der sogenannten Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) abgeschlossen sein. Auf der anderen Seite soll die Neuaufteilung des CO2-Preises beim Wohnen Vermieter von besonders schlecht gedämmten Gebäuden zu Sanierungen anhalten.

Energieberatungen

Ab Juni will die Bundesregierung eine Energiesparkampagne starten: Neben praktischen Alltagstipps sollen sich die Verbraucherinnen und Verbraucher darüber informieren können, wie der Heizungsaustausch oder der Solaranlagenbau konkret ablaufen kann.

Unternehmen und Kommunen

In der Industrie will das Bundeswirtschaftsministerium der Anwendung von grünem Wasserstoff zum Durchbruch verhelfen. Strom, der nicht im Netz aufgenommen werden kann, soll ohne Abgaben und Gebühren in Speichermedien genutzt werden können. Noch in diesem Jahr soll zudem eine Förderung erarbeitet werden, mit der höhere Kosten bei der Umstellung auf klimafreundliche Verfahren in der Grundstoffindustrie ausgeglichen werden sollen.

Kommunen und Stadtwerke sollen ihre Netze zur Wärmeversorgung schneller auf erneuerbare Energien umstellen. Zudem sollen Kommunen, Länder und der Bund eine Vorbildfunktion einnehmen und sich spezifische Energiesparziele setzen.

Fazit

„Wer Energie spart, schützt das Klima, stärkt das Land und schont den Geldbeutel“, sagt Habeck. Sein Paket umfasst Maßnahmen, bei denen im Wesentlichen ein Konsens zwischen den Ampel-Parteien besteht und auf die sich die Regierung im Zuge der Entlastungspakete bereits geeinigt hatte. Tempo macht der Wirtschaftsminister vor allem mit Blick auf den Zeitplan. Anstatt langwieriger Prozesse sollen die geplanten Vorhaben zügig, oft noch im Laufe des Jahres umgesetzt werden.

Zugleich fällt aber auch auf, was nicht in dem Papier steht: Fragen rund um den Verkehr etwa. Strittige Themen wie etwa ein Tempolimit auf Autobahnen werden ausgeklammert – dabei hatte Habeck vor einigen Wochen im Interview mit unserer Redaktion noch dazu aufgerufen, das Auto auch mal stehenzulassen.

Doch auch die Reichweite der nun im Papier festgehaltenen Maßnahmen – etwa ob eine Solaranlage für neue Wohnhäuser verpflichtend wird – dürfte in der Ampel-Koalition noch für Diskussionen sorgen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de.