Berlin/Erfurt. In Thüringen gibt es Diskussionen um einen Passus der Landesverfassung. Dieser hat Auswirkungen auf die Wahl des Ministerpräsidenten.

Die Thüringer CDU drängt auf eine Verschiebung der Wahl von Linke-Politiker Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten in Thüringen. „Wir wollen vor der Wahl Rechtssicherheit schaffen und die Klärung nicht im Nachhinein dem Thüringer Verfassungsgericht überlassen.

Die seit drei Jahren angewandte Wahlpraxis sollte auch für die Wahl des Ministerpräsidenten gelten: gewählt ist, wer die relative Mehrheit hat“, sagte der Thüringer CDU-Landes- und Fraktionschef Mike Mohring unserer Redaktion.

Die Verhandlungsführer von SPD, Grünen und Linke haben zuletzt mehrfach angekündigt, die Wahl des Ministerpräsidenten am 5. oder 6. Februar abhalten zu wollen. Die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag ist allerdings der Ansicht, dass die Verfassungsfrage vor der Wahl des Ministerpräsidenten geklärt werden muss, weshalb der von Rot-Rot-Grün gewählte Wahltermin weder sinnvoll noch haltbar sei.

Im dritten Wahlgang reicht in Thüringen eine relative Mehrheit

Hintergrund ist die Thüringer Verfassung. So ist zur Wahl des Ministerpräsidenten in den ersten beiden Wahlgängen eine absolute Mehrheit aller Landtagsmitglieder erforderlich. Im dritten Wahlgang zählen dann die meisten Stimmen. Genau heißt es: „Kommt die Wahl auch im zweiten Wahlgang nicht zustande, so ist gewählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen erhält.“

Laut der gängigen, aber umstrittenen Interpretation der Verfassung wäre Ramelow als Einzelkandidat dann auch mit mehr Nein- als Ja-Stimmen gewählt.

„Kein Vereinsvorsitzender wird in Deutschland gewählt, wenn nicht mehr Ja- als Nein-Stimmen vorliegen“, kritisierte Mohring. Alle Thüringer Verfassungsorgane werden nach Mohrings Darstellung mit Mehrheit gewählt: „Die Landtagspräsidentin, der Präsident des Verfassungsgerichtshofs. Soll die Demokratie keinen Schaden nehmen, muss das selbstverständlich auch für den Ministerpräsidenten gelten“, betonte Mohring. Bei Wahlen entscheide grundsätzlich die Mehrheit.

„Warum sollte das beim Thüringer Ministerpräsidenten anders sein? Dass ausgerechnet bei dieser Wahl alle Nein-Stimmen unter den Tisch fallen sollen, ist nicht vermittelbar.“ Linke, SPD und Grüne wollen in Thüringen eine Minderheitsregierung ausüben. Rot-Rot-Grün kommt nur auf 42 von 90 Sitzen im Landtag. Es fehlen vier Stimmen zur absoluten Mehrheit. (mün)