Paris/Berlin. Beim Ukraine-Gipfel wurden wichtige Schritte zur Lösung des Ukraine-Konflikts beschlossen. „Yes, I’m happy“, sagte Wladimir Putin.

Der Holztisch ist minimalistisch, an dem die vier Staats- und Regierungschefs Platz nehmen. Zum ersten Mal überhaupt kommen sie in dieser Runde zusammen: Angela Merkel, Gastgeber Emmanuel Macron, Kremlchef Wladimir Putin und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Putin nickt Selenskyj freundlich zu, bedeutet ihm, sich mal umzudrehen zu den Fotografen für ein Bild. Beide lächeln in die Kameras. „Yes, I’m happy“, sagt Putin später am Abend über sein erstes direktes Gespräch mit Selenskyj. Es dauerte eine Stunde und 20 Minuten – deutlich länger als geplant.

Am Ende steht ein Bekenntnis zum bereits 2015 in der weißrussischen Hauptstadt Minsk vereinbarten Friedensplan. Die Punkte, darunter Waffenstillstand, Entmilitarisierung, Gefangenaustausch, Sonderstatus für die russischsprachigen Gebiete Luhansk und Donezk, gab es da auch schon. Neu ist, dass der Gipfel konkrete Zeitvorgaben macht – den auf Eis liegenden Plan wiederbelebt.

Lange musste Selenskyj auf diesen Moment warten

„Meine Kollegen sagten mir, dass dies ein sehr gutes Ergebnis für das erste Treffen ist. Aber ehrlich gesagt ist mir das zu wenig“, meinte Selenskyj.

Lange musste der 41-jährige Ukrainer auf diesen historischen Moment warten. Der 67-Jährige Putin ließ sich viel Zeit, geriet zuletzt aber ob Selenskyjs frischer und zupackender Art im Ukraine-Konflikt in Zugzwang.

Telefoniert hatten die beiden schon, einen Gefangenenaustausch und weitere Friedensschritte durchgezogen. Der Ex-Komiker Selenskyj wollte in Paris aber endlich „den Menschen“ Putin sehen. Er wollte ein Gefühl dafür bekommen, ob „wirklich alle schrittweise diesen tragischen Krieg beenden möchten“, wie er noch am Freitag in einer Talkshow sagte.

Selenskyi wollte sogar mit dem „kahlköpfigen Teufel“ verhandeln

In den ostukrainischen Regionen Donezk und Luhansk stehen sich seit 2014 ukrainische Regierungstruppen und prorussische Separatisten gegenüber. Rund 13.000 Menschen sind nach UN-Schätzung bisher ums Leben gekommen.

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Selenskyj sagte auch schon früh, dass er sogar mit dem „kahlköpfigen Teufel“ verhandeln würde, um den Konflikt zu lösen. Ob er damit auf den in ukrainischen Karikaturen bisweilen so dargestellten Putin anspielte, blieb offen. Aber allen in Paris war klar, dass der Schlüssel für eine Lösung des Ukraine-Konflikts im Kreml liegt. Putin sprach in der Nacht von sachlichen Gesprächen, von einer „Erwärmung“ in den Beziehungen.

Moskaus Staatsmedien zeigten dagegen genüsslich Aufnahmen von Selenskyjs Notizen in der Akte auf dem Verhandlungstisch – „alles in seiner Muttersprache Russisch“, wie sie zufrieden bemerkten. Die Chemie zwischen Selenskyj und Putin schien zu stimmen.

Putin hatte Selenskyj nach dessen Wahl verspottet

Dabei hatte Putin dem Politneuling mit dem Rekordergebnis von 73 Prozent bei der Wahl im April nicht einmal gratuliert. Er frotzelte noch im Sommer mit Blick auf Selenskyjs erfolgreiche Fernsehrolle als Präsident, dass es etwas anderes sei, ein Staatsoberhaupt zu spielen als das Amt wirklich auszuüben.

Inzwischen aber äußert sich Putin immer wieder anerkennend. „Mir scheint, dass er ein sympathischer Mensch ist und aufrichtig“, sagte Putin im Herbst.

Er glaube, dass Selenskyj die Situation wirklich zum Besseren verändern wolle. Dafür brauche es Mut und Stärke, sagte Putin auch mit Blick auf Proteste in der Ukraine.

Für Putin ist Selenskyi eine Herausforderung

Vor allem kämpferische Nationalisten warnen Selenskyj vor „roten Linien“, vor zu großen Zugeständnissen an Russland und die Regionen Luhansk und Donezk. Sie sehen die Gefahr, dass die seit mehr als fünf Jahren dauernden Kämpfe umsonst gewesen sein, die Interessen der Ukraine verraten werden könnten. Selenskyj blieb nach Meinung seiner Delegation aber standhaft.

Für Putin ist der Medien-Profi Selenskyj längst zur Herausforderung geworden. Diente sein Vorgänger Petro Poroschenko mit seiner anti-russischen Wortwahl noch als ideale Hassfigur in dem Konflikt, so ist der Ex-Schauspieler ein Sympathieträger, dessen Art auch bei vielen Russen ankommt.

Putin war keineswegs als starker Mann nach Paris gekommen. Russland steckt in einer schweren Wirtschaftskrise. Die Akzeptanz in Russland für die Kriege in Syrien und in der Ukraine ist gering. Zudem drücken die Sanktionen der USA und der EU im Zuge des Ukraine-Konflikts auf die Entwicklung in Russland. Umfragen attestieren dem Kreml eine große Unzufriedenheit mit Putins Politik. Deshalb braucht Russland Fortschritte im Konflikt, damit die Sanktionen irgendwann fallen.

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(bac/lah/dpa)