Berlin/Hannover. Hannover bekommt einen grünen Oberbürgermeister. Belit Onay ist das erste Oberhaupt einer Landeshauptstadt mit Migrationshintergrund.

Mehr als 70 Jahre lang regiert die SPD in Hannover. Damit ist es vorbei – die niedersächsische Landeshauptstadt bekommt einen grünen Oberbürgermeister. Das allein wäre angesichts des aktuellen Höhenfluges der Umweltpartei nicht allzu überraschend. Aber: Der türkischstämmige Belit Onay ist bundesweit auch das erste Oberhaupt einer Landeshauptstadt mit Migrationshintergrund.

In der Stichwahl am Sonntag setzte sich der 38-jährige Landtagsabgeordnete mit 52,9 Prozent der Stimmen gegen den CDU-Bewerber Eckhard Scholz durch, der auf 47,1 Prozent kam. Im ersten Wahlgang hatte keiner der Bewerber 50 Prozent der Stimmen erhalten.

Neuer OB Belit Onay: Verkehrswende für Hannover

„Ich brenne dafür, die Themen auch umzusetzen“, sagte Onay nach dem Sieg auf der Treppe des Neuen Rathauses in Hannover. „Ich möchte diese Stadt zusammenführen.“ Hunderte Zuschauer und Unterstützer jubelten ihm in der Rathaushalle und von den Balustraden aus zu.

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Onay hatte erklärt, dass er als Oberbürgermeister in Hannover eine Verkehrswende erreichen und mittelfristig die Innenstadt für den Autoverkehr sperren wolle. Im Umland sollen große Wohnungsbaugebiete entstehen, damit im Stadtgebiet mehr Raum für Grünflächen bleibt.

Vierte Großstadt mit einem grünen Oberbürgermeister

Unterlegen: Eckhard Scholz (parteilos), mit seiner Ehefrau Cornelia, trat für die CDU zur Oberbürgermeisterwahl an.
Unterlegen: Eckhard Scholz (parteilos), mit seiner Ehefrau Cornelia, trat für die CDU zur Oberbürgermeisterwahl an. © dpa | Hauke-Christian Dittrich

Der neue OB gehört seit 2013 dem niedersächsischen Landtag an und hat sich dort als liberaler Rechts- und Innenpolitiker einen Namen gemacht. Von 2011 bis 2013 war er Mitglied der Grünen-Ratsfraktion in Hannover. Aufgewachsen ist Onay in Goslar.

Grüne Oberbürgermeister gab oder gibt es bereits in Freiburg (bis 2018), Darmstadt und Stuttgart. Auch Stadtchefs mit Migrationshintergrund oder ausländischer Staatsbürgerschaft gibt es bereits: In Bonn regiert der indischstämmige Ashok-Alexander Sridharan (CDU), in Rostock der Däne Claus Ruhe Madsen (parteilos).

Illegale Gehaltszulagen stürzten den SPD-Vorgänger

Auslöser der vorzeitigen Oberbürgermeisterwahl war die Rathausaffäre, die den bisherigen Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD) zum Rücktritt zwang. Die Staatsanwaltschaft hatte Ende April gegen ihn sowie seinen damaligen Bürochef und den suspendierten Kultur- und früheren Personaldezernenten Anklage erhoben – wegen schwerer Untreue.

Es geht um unrechtmäßige Gehaltszulagen für den Bürochef und den früheren Feuerwehrchef. Schostok soll laut Anklage davon erfahren haben, ohne diese zu stoppen. Ob und wann es zu einem Prozess kommt, hat das Landgericht noch nicht entschieden.

Der Verlust des Oberbürgermeister-Postens in der Landeshauptstadt, den seit 1946 durchgängig ein SPD-Mann besetzte, war ein herber Schlag für die Sozialdemokraten – vor allem, da der Landesvorsitzende, Ministerpräsident Stephan Weil, bis 2013 selbst dieses Amt innehatte. (dpa/BZ/max)