La Paz. Der Druck auf Evo Morales wuchs weiter, die Rücktrittsforderungen hörten nicht auf. Nun hat Boliviens Staatschef Konsequenzen gezogen.

Seit Wochen wird in Bolivien gegen Präsident Evo Morales protestiert. Nun hat das Staatsoberhaupt seinen Rücktritt erklärt. Er habe dem Parlament ein Rücktrittsschreiben geschickt, sagte der linke Staatschef in einer Fernsehansprache am Sonntag. „Unser großer Wunsch ist es, dass der soziale Frieden wiederkehrt“, sagte er. Auch sein Vizepräsident Álvaro García Linera trat zurück.

Zuvor hatten die Chefs der Streitkräfte und der Polizei in Bolivien den Staatspräsidenten zum Rücktritt aufgefordert. Dieser hatte am Sonntag eine Neuwahl angekündigt, nachdem die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in einem vorläufigen Bericht Manipulationen bei der Präsidentenwahl vor drei Wochen festgestellt hatte. Dadurch beruhigte sich die Situation jedoch nicht.

Der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Williams Kaliman, und der Polizeichef, Vladimir Calderón Mariscal, traten unabhängig von einander vor die Kameras und forderten Morales im Sinne des Friedens zum Rücktritt auf. Zudem erklärten mehrere Kabinettsminister sowie der Präsident der Abgeordnetenkammer, Víctor Borda, und die Chefin des Wahltribunals, María Choque Quispe, ihre Rücktritte.

Die Generalstaatsanwaltschaft kündigte Ermittlungen gegen Mitglieder des Wahltribunals wegen der Unregelmäßigkeiten bei der Wahl an.

Evo Morales hatte sich nach erster Runde der Präsidentenwahl zum Sieger erklärt

Seit Wochen gibt es in Bolivien Proteste.
Seit Wochen gibt es in Bolivien Proteste. © Reuters | Carlos Garcia Rawlins

Der linke Staatschef hatte offen gelassen, ob er bei der Neuwahl antreten wolle. Im Interview mit dem venezolanischen Fernsehsender Telesur betonte er, dass sein Mandat noch bis zum 22. Januar laufe. Er verzichte auf seinen Wahlsieg, um den sozialen Frieden zu bewahren, sagte Morales. Einen Termin für die Neuwahl nannte er nicht.

Nach der ersten Runde der Präsidentenwahl am 20. Oktober hatte sich Morales direkt zum Sieger erklärt, obwohl die Opposition, aber auch die OAS und die EU erhebliche Zweifel anmeldeten. Seitdem liefern sich seine Anhänger und Gegner fast täglich heftige Auseinandersetzungen. Mindestens drei Menschen kamen ums Leben.

Morales regiert Bolivien seit 2006. Der 59-jährige frühere Koka-Bauer hatte sich zum dritten Mal zur Wiederwahl gestellt, obwohl die Verfassung höchstens eine Wiederwahl vorsieht. Morales überwand diese Hürde mit Hilfe der Justiz, die die Begrenzung der Amtszeiten als Verletzung seiner Menschenrechte bezeichnete. (dpa/jei)