Hildesheim. In Hildesheim wurde der 96-jährige frühere SS-Mann Karl M. angeklagt. Ihm wird unter anderem Relativierung des Holocaust vorgeworfen.

Der 96 Jahre alte frühere SS-Mann Karl M. ist von der Staatsanwaltschaft Hildesheim angeklagt worden. Dem Mann aus Nordstemmen im Kreis Hildesheim werde Volksverhetzung und die Verunglimpfung Verstorbener zur Last gelegt, sagte eine Sprecherin der Behörde am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sie bestätigte damit einen Bericht der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“.

Grundlage der Ermittlungen sind vor allem Aussagen des Mannes in einem Beitrag des ARD-Magazins „Panorama“ im November 2018. Darin hatte er unter anderem den Holocaust relativiert und bezweifelt, dass die Nationalsozialisten tatsächlich sechs Millionen Juden getötet hätten.

96-jähriger Ex-SS-Mann: Opfer waren selbst Schuld

Zudem hatte M. in der Sendung erklärt, die Opfer eines von der SS begangenen Massakers am 1. April 1944 in Nordfrankreich seien selbst Schuld an ihrem Schicksal.

In der Kleinstadt Ascq hatte die SS-Panzerdivision „Hitlerjugend“ damals 86 Einwohner im Alter von 15 bis 75 Jahren erschossen. Das Massaker sollte eine Vergeltungsaktion für einen Anschlag französischer Widerstandskämpfer auf eine Bahnlinie sein, bei dem niemand verletzt wurde.

Karl M. gehörte nach eigenen Angaben zu den SS-Männern, die die Anwohner aus ihren Häusern holten. Er selbst will aber nicht geschossen haben. Wegen einer möglichen Beteiligung an dem Massaker ist der 96-Jährige nicht angeklagt. Er wurde deshalb bereits 1949 in Frankreich in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Die Generalstaatsanwaltschaft in Celle gelangte zu dem Schluss, dass er wegen derselben Tat nicht zweimal bestraft werden könne.

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Ob es nun in Deutschland zu einem Strafprozess gegen M. kommt, muss das Landgericht Hildesheim entscheiden. Im Fall einer Verurteilung droht dem Beschuldigten eine Geld- oder eine Haftstrafe. Dem Bericht der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (Bezahlinhalt) zufolge will aus Frankreich mehr als ein Dutzend Nebenkläger zu einem möglichen Gerichtsverfahren anreisen. (dpa/les)