Karlsruhe. Die Klagen der Deutschen Umwelthilfe sind kein Rechtsmissbrauch. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Was das Urteil bedeutet.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) klagt gern und viel – und hat damit unter anderem für Diesel-Fahrverbote in mehreren Städten gesorgt. Sie mahnt aber auch Unternehmen wegen Verstößen gegen Verbraucherrecht ab und verklagt sie. Diese Klagen der Umwelthilfe sind kein Rechtsmissbrauch. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag entschieden (Az. I ZR 149/18).
Geklagt hatte ein Autohaus aus dem Raum Stuttgart: Der Geschäftsführer unterstellte der Umwelthilfe Profitabsichten und unzulässige Querfinanzierungen. Seine Firma war erfolgreich von der DUH abgemahnt worden, weil das Unternehmen im Internet einen Neuwagen beworben und dabei nicht korrekt über Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß informiert hatte. Mit seiner Entscheidung folgte der BGH dem Oberlandesgericht Stuttgart und wies den Einwand des Autohändlers endgültig ab.
Deutsche Umwelthilfe nimmt Millionen durch Abmahnungen ein
Die Umwelthilfe ist auch umstritten, weil sie in etlichen Städten Diesel-Fahrverbote durchgesetzt hat. Diese Prozesse vor den Verwaltungsgerichten führt sie in ihrer zentralen Rolle als Umweltschutzorganisation. Als sogenannte qualifizierte Einrichtung darf sie außerdem Unternehmen abmahnen und verklagen, die gegen Verbraucherschutz-Vorschriften verstoßen – genauso wie etwa die Verbraucherzentralen oder der Deutsche Mieterbund.
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Nach eigenen Angaben mahnt die Umwelthilfe jede Woche etwa 30 Verstöße ab und führt rund 400 Gerichtsverfahren im Jahr. Daraus erzielte die Organisation laut jüngstem Jahresbericht knapp 2,2 Millionen Euro 2017, rund ein Viertel ihrer Einnahmen.
Der Autohändler hatte der Umwelthilfe unterstellt, mit ihrer Klagen in erster Linie Geld machen zu wollen – um politische Kampagnen querzufinanzieren und den Geschäftsführern ein üppiges Gehalt zu sichern. Dafür treibe die DUH vor den Gerichten bewusst den Streitwert in die Höhe.
Warum der BGH die Umwelthilfe-Klagen für rechtmäßig hält
Der I. Zivilsenat des BGH hält die Vorwürfe für unbegründet. Die Gehälter der DUH-Geschäftsführer machten nur einen Bruchteil der Ausgaben aus, erklärte das Gericht. Damit sei ausgeschlossen, dass die DUH eigentlich den Zweck verfolge, Einnahmen für Personalkosten zu erzielen statt Verbraucherinteressen zu verfolgen.
Die hohe Zahl der Abmahnungen wegen fehlerhafter Verbraucherinformationen begründeten ebenfalls nicht den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs. Gebe es viele Verstöße in diesem Bereich, korrespondiere damit eine Vielzahl von Abmahnungen. Auch die früheren Spenden von Toyota an die DUH seien kein Indiz. Der Autohersteller sei bei der Verfolgung von Rechtsverstößen von der DUH nicht besser behandelt worden als andere.
Umwelthilfe: Durch Aufdeckung des Dieselskandals zur „Störgröße“ geworden
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch äußerte sich erleichtert. Die Umwelthilfe sei durch die Aufdeckung des Dieselskandals „natürlich schon eine Störgröße geworden“, sagte er. „Wir haben in den letzten Monaten einfach erlebt, dass man versuchte, uns permanent zu diskreditieren.“ Von den insgesamt 20 Branchen, die die DUH stichprobenartig überwache, sei die Automobilindustrie die einzige, die sich derart hartnäckig gegen die Kontrollen zur Wehr setze.
Die Kraftfahrzeuginnung Region Stuttgart und das Kraftfahrzeuggewerbe Baden-Württemberg bedauerten die Entscheidung. „Wir werden jede Möglichkeit weiterer rechtlicher Schritte nutzen“, erklärte der Geschäftsführer der Kfz-Innung, Christian Reher. Nachgedacht werde über eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg oder eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht.
Ende 2018 hatte die Organisation eine weitere Debatte angestoßen: Die Umwelthilfe forderte Tempo 120 auf Autobahnen – nicht nur Verkehrsminister Scheuer ist dagegen. (dpa/moi)