Berlin. Aller guten Dinge sind drei? Am Mittwoch versucht die SPD im dritten Anlauf, ihr Mitglied Thilo Sarrazin aus der Partei auszuschließen.

Der SPD-Parteivorstand verhandelt erneut über den Ausschluss des ehemaligen Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin. Im Rathaus in Berlin-Charlottenburg hat am Mittwoch die mündliche Verhandlung der Schiedskommission begonnen, und zwar für alle SPD-Parteimitglieder öffentlich.

Sarrazin hatte die Verhandlung gänzlich für die Öffentlichkeit zugänglich machen wollen, das lehnte die Kommission ab. Es ist bereits der dritte Versuch der SPD innerhalb von fast zehn Jahren, Sarrazin auszuschließen. Am Mittwoch gab es zunächst keine Entscheidung.

Diese wird innerhalb von drei Wochen erwartet und den Beteiligten schriftlich zugestellt, wie der Vorsitzende der Kreisschiedskommission Charlottenburg-Wilmersdorf, Hans-Peter Rueß, sagte. Das Parteiausschlussverfahren führt die SPD-Kreisschiedskommission Charlottenburg Wilmersdorf, weil Sarrazin dort Mitglied ist.

Sarrazin glaubt nicht an Ausschluss

Sarrazin kam mit seinem Anwalt zu der Verhandlung des Parteigerichts, die SPD-Bundesspitze wurde durch Generalsekretär Lars Klingbeil vertreten.

Grund für den dritten Anlauf soll sein jüngstes Buch „Feindliche Übernahme – Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht“ sein. Aber auch schon die früheren Äußerungen in Sarrazins Büchern und in Interviews und Talkshows erschienen der SPD als nicht vereinbar mit ihren Grundsätzen.

Das ist SPD-Mitglied Thilo Sarrazin

SPD-Mitglied, früherer Berliner Finanzsenator und Bestsellerautor: Thilo Sarrazin ist seit Jahren bekannt für seine Provokationen und umstrittenen Thesen zur Finanz-, Sozial- und Bevölkerungspolitik.
SPD-Mitglied, früherer Berliner Finanzsenator und Bestsellerautor: Thilo Sarrazin ist seit Jahren bekannt für seine Provokationen und umstrittenen Thesen zur Finanz-, Sozial- und Bevölkerungspolitik. © imago/photothek | Florian Gaertner/photothek.net
Begonnen hatte Thilo Sarrazin seine Laufbahn als Beamter im Bonner Finanzministerium. Nach Volkswirtschaftsstudium und Promotion machte er dort schnell Karriere und diente seit 1975 allen Bundesfinanzministern von Hans Apel (SPD) bis Theo Waigel (CSU).
Begonnen hatte Thilo Sarrazin seine Laufbahn als Beamter im Bonner Finanzministerium. Nach Volkswirtschaftsstudium und Promotion machte er dort schnell Karriere und diente seit 1975 allen Bundesfinanzministern von Hans Apel (SPD) bis Theo Waigel (CSU). © REUTERS | REUTERS / Alexandra Winkler
Unter CSU-Minister Waigel arbeitete das SPD-Mitglied Sarrazin maßgeblich die Grundzüge der deutsch-deutschen Währungsunion aus.
Unter CSU-Minister Waigel arbeitete das SPD-Mitglied Sarrazin maßgeblich die Grundzüge der deutsch-deutschen Währungsunion aus. © imago stock&people | imago stock&people
Anfang der 90er Jahre wechselte er zur Treuhandanstalt, trennte sich dort aber bald im Streit und ging von 1991 bis 1997 als Finanz-Staatssekretär nach Rheinland-Pfalz.
Anfang der 90er Jahre wechselte er zur Treuhandanstalt, trennte sich dort aber bald im Streit und ging von 1991 bis 1997 als Finanz-Staatssekretär nach Rheinland-Pfalz. © imago stock&people | imago stock&people
Kurz arbeitete Sarrazin von 2000 bis 2001 bei der Deutschen Bahn unter Hartmut Mehdorn. Auch dort ging er schon ein Jahr später im Streit – entlassen vom ähnlich eigensinnigen Charakter Mehdorn.
Kurz arbeitete Sarrazin von 2000 bis 2001 bei der Deutschen Bahn unter Hartmut Mehdorn. Auch dort ging er schon ein Jahr später im Streit – entlassen vom ähnlich eigensinnigen Charakter Mehdorn. © imago stock&people | Reiner Zensen
Als Finanzsenator in der überschuldeten Hauptstadt setzte Sarrazin zusammen mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (l., SPD) einen drastischen Sparkurs durch und verhalf dem Land 2007 und 2008 zu den ersten ausgeglichenen Haushalten seit 1949.
Als Finanzsenator in der überschuldeten Hauptstadt setzte Sarrazin zusammen mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (l., SPD) einen drastischen Sparkurs durch und verhalf dem Land 2007 und 2008 zu den ersten ausgeglichenen Haushalten seit 1949. © imago stock&people | Bernd Friedel
Immer wieder fiel er mit provokanten Äußerungen über angeblich faule Hartz-IV- Empfänger auf und wurde auch in der eigenen Partei heftig kritisiert.
Immer wieder fiel er mit provokanten Äußerungen über angeblich faule Hartz-IV- Empfänger auf und wurde auch in der eigenen Partei heftig kritisiert. © Getty Images | Carsten Koall
2009 wurde der aus Gera stammende Volkswirt Vorstandsmitglied der Bundesbank. Schnell kam es zum Eklat. 2010 präsentierte er sein Buch „Deutschland schafft sich ab“.
2009 wurde der aus Gera stammende Volkswirt Vorstandsmitglied der Bundesbank. Schnell kam es zum Eklat. 2010 präsentierte er sein Buch „Deutschland schafft sich ab“. © imago stock&people | Thomas Lebie
In einem Interview kritisierte er türkisch- und arabischstämmige Menschen wegen angeblich fehlender Integrationsbemühungen und sprach von der Produktion neuer „Kopftuchmädchen“.
In einem Interview kritisierte er türkisch- und arabischstämmige Menschen wegen angeblich fehlender Integrationsbemühungen und sprach von der Produktion neuer „Kopftuchmädchen“. © imago | Götz Schleser
Die Bundesbank entzog ihm die Aufsicht für den Bereich Bargeld. 2012 erschien sein Buch „Europa braucht den Euro nicht“.
Die Bundesbank entzog ihm die Aufsicht für den Bereich Bargeld. 2012 erschien sein Buch „Europa braucht den Euro nicht“. © Getty Images | Carsten Koall
Die SPD wollte den Ex-Bundesbankler ausschließen, scheiterte aber bereits zwei Mal mit dem Verfahren. Sarrazin entschuldigte sich und versprach: „Ich werde in Zukunft bei öffentlichen Äußerungen mehr Vorsicht und Zurückhaltung walten lassen.“
Die SPD wollte den Ex-Bundesbankler ausschließen, scheiterte aber bereits zwei Mal mit dem Verfahren. Sarrazin entschuldigte sich und versprach: „Ich werde in Zukunft bei öffentlichen Äußerungen mehr Vorsicht und Zurückhaltung walten lassen.“ © dpa | Michael Kappeler
In seinem neuen Islam-Buch „Feindliche Übernahme – Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht“ malt der Bestsellerautor das Schreckgespenst einer Islamisierungen der deutschen Gesellschaft an die Wand.
In seinem neuen Islam-Buch „Feindliche Übernahme – Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht“ malt der Bestsellerautor das Schreckgespenst einer Islamisierungen der deutschen Gesellschaft an die Wand. © dpa | Kay Nietfeld
Weiterhin fordern verschiedene Politiker ein neues Parteiausschlussverfahren gegen den Publizisten.
Weiterhin fordern verschiedene Politiker ein neues Parteiausschlussverfahren gegen den Publizisten. © Getty Images | Carsten Koall
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Sarrazin und dessen Anwalt sind laut „Tagesspiegel“ sicher, dass auch dieses Ausschlussverfahren scheitern wird. „Man kann mein Buch gut oder schlecht finden, aber man wird darin keinen Satz finden, der einen Ausschluss aus der SPD rechtfertigt“, sagte Sarrazin dem „Tagesspiegel“ im Mai. (aba/dpa/ac)