Washington. Der Bericht zur Russland-Affäre liegt vor, US-Präsident Trump triumphiert. Ein schwerer Verdacht wurde allerdings nicht ausgeräumt.

Als Donald Trump durch seinen damaligen Justizminister Jeff Sessions im Frühjahr 2017 davon erfuhr, dass der ehemalige FBI-Chef Robert Mueller als Sonder-Ermittler in der Russland-Affäre eingesetzt wurde, fiel dem ansonsten Furchtlosigkeit zur Schau stellenden US-Präsidenten das Herz in die Hose. „Oh mein Gott. Das ist schrecklich. Das ist das Ende meiner Präsidentschaft. Ich bin am Arsch.“

So steht es im Abschlussbericht Muellers, der kurz vor den Ostertagen im politischen Washington und darüber hinaus ausgedehnte Lese-und Analysetätigkeit ausgelöst hat. Seit Donnerstagmittag ist das 448 Seiten starke Dokument, in dem manche Seiten ganz geschwärzt sind, um juristischen Geheimhaltungsvorschriften zu genügen oder weil sonst „laufenden Ermittlungen Schaden droht“, im Internet öffentlich einsehbar.

Der wichtigste erste Eindruck: Der von Trump mit Verweis auf den Bericht rigoros behauptete doppelte „Freispruch“ für sich – kein Nachweis für eine strafbewehrte Zusammenarbeit mit Russland bei der Wahl 2016, kein Nachweis für eine Behinderung der US-Justiz – erscheint in einem anderen Licht, wenn man liest, was die politischen Grabenkämpfe in den USA voraussichtlich noch Monate beschäftigen wird.

Russland-Bericht von Mueller entlastet Trump nicht

O-Ton Mueller: „Wenn wir nach gründlicher Untersuchung die feste Überzeugung hätten, dass der Präsident eindeutig nicht die Justiz behindert hat, würden wir das so sagen. Auf Basis der Fakten und der anzuwendenden rechtlichen Standards, war es uns unmöglich dieses Urteil zu fällen.“ Sein Rechenschaftsbericht, so Mueller weiter, „kommt nicht zu dem Schluss, dass der Präsident eine Straftat begangen hat, er entlastet ihn aber auch nicht.“

Muellers Ergebnisse stehen aus Sicht von US-Medien im Widerspruch zu Justizminister Bill Barr. Der 68-Jährige hatte Trump zwei Stunden vor Freischaltung des Mueller-Berichts im Stile einer Vorab-Entlastung energisch vom Verdacht jeglichen kriminellen Verhaltens freigesprochen und sich dafür von den Demokraten den Vorwurf der „Parteilichkeit“ eingefangen. Ein halbes Dutzend Mal betonte der Sessions-Nachfolger, dass Mueller Trump und seinem Team keine illegale, konspirative Zusammenarbeit mit russischen Stellen vor der Wahl 2016 nachgewiesen habe.

Klar und erwiesen sei dagegen, dass von russischen Geheimdiensten aus gesteuert der Versuch unternommen worden sei, per Desinformation und Cyber-Manipulation massiv in die US-Wahl einzugreifen. Aber: Trump und sein Team (oder andere Amerikaner) seien dabei nicht assistierend oder koordinierend tätig geworden.

Dass Mueller detailreich herausarbeitete, wie bereitwillig verschiedene Top-Berater Trumps mit Kreml-nahen Akteuren in der Wahlphase 2016 Kontakte pflegten und deren Hilfsangebote kontra Hillary Clinton willkommen hießen, ließ Barr unerwähnt. Ebenso den Umstand, dass es Trump persönlich gewesen sei, der die Hintergründe eines Treffens seines Sohnes Donald Jr. mit einer russischen Anwältin in New York verschleierte habe. In punkto Justizbehinderung durch Trump dekretierte Barr, dass es sie nicht gegeben habe.

US-Justizminister Barr verteidigte Trump

Obwohl Mueller zehn Episoden auflistet, die exakt um diesen Verdacht kreisen, der besondere Bedeutung hat, weil er politisch die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens durch den Kongress auslösen könnte. Nach Barrs Auffassung habe Trump bei dem, was Mueller den Versuch nennt, die „Kontrolle“ über die Ermittlungen zu gewinnen, „nicht-korrupte Motive“ verfolgt.

Trump habe sich in einer „beispiellosen Situation“ befunden, als die eigene Justiz gegen ihn nach Amtsantritt 2017 ermittelte und in den Medien „unerbittlich“ über mögliches Fehlverhalten des Präsidenten spekuliert worden sei, sagte Barr und zeigte offen Verständnis dafür, dass Trump darüber „frustriert“ und „wütend“ gewesen sei.

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„Mueller has to go“

Die Demokraten halten dagegen eine von Mueller auf mehreren Seiten minutiös geschilderte Episode mit dem ehemaligen Chef-Anwalt des Weißen Hauses für exemplarisch. Danach hatte Trump den rot-blonden Juristen im Juni 2017 aufgefordert, Sonder-Ermittler Mueller vom Justizministerium absetzen zu lassen.

„Mueller has to go“, zitierte McGahn den Präsidenten laut Bericht. McGahn riet Trump von diesem Schritt vehement ab und verweigerte sich dem Marschbefehl. Stattdessen bereitete er nach weiteren Aufforderungen des Präsidenten seinen eigenen Rücktritt vor, von dem er später einen Rückzieher machte.

Als Trumps Anliegen medial durchsickerte, Robert Mueller abberufen zu lassen, forderte der Präsident ausweislich des Abschlussberichts McGahn zu einer offiziellen Korrektur auf. McGahn weigerte sich erneut. Im Herbst 2018 wurde McGahn von Trump per Twitter gefeuert. Für die Demokraten ein ziemlich klarer Fall - von Justizbehinderung.

Trump erklärt bei Twitter, er hätte Mueller feuern können

US-Präsident Donald Trump ist der Auffassung, dass er Sonderermittler Robert Mueller hätte feuern können. «Ich hatte das Recht, die ganze Hexenjagd zu beenden, wenn ich es gewollt hätte. Ich hätte alle feuern können, darunter Mueller, wenn ich es gewollt hätte. Ich habe mich entschieden, es nicht zu tun», schrieb Trump am Donnerstag auf Twitter.

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Während des Wartens auf den Bericht war in den vergangenen Monaten kaum ein Tag vergangen, an dem der Präsident sich nicht zum Opfer einer Schmierenkampagne der Demokraten und Medien stilisierte. Er sprach von einem «versuchten Coup» und «dreckigen Polizisten», verlangte eine Untersuchung zu dem Beginn der FBI-Ermittlung, warf der Bundespolizei korruptes Verhalten vor.

(von Dirk Hautkapp/mit dpa)