Berlin. Er pocht auf das Eigentum und sieht ein Missverständnis der jungen Menschen: Timmersmans ist weiter für die Reform des Urheberrechts.

Der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, hat sich gegen wachsende Kritik an der geplanten europäischen Urheberrechtsreform gestellt. Es sei nicht gerecht, wenn nur der US-Internetkonzern Google mit geistigem Eigentum Gewinne mache, sagte Timmermans unserer Redaktion. „Daher versuchen wir, das über eine europäische Gesetzgebung zu regeln. Wir müssen Künstlerinnen und Künstler schützen.“

Timmermans fügte hinzu: „Es ist die Welt der jungen Menschen, dass im Netz alles frei verfügbar sein muss. Aber wenn man etwas erfindet, etwas schreibt, etwas macht – dann ist das Eigentum. Das kann man nicht einfach so wegnehmen.“

Artikel 13 sorgt für viel Diskussionen

Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten hatten sich Mitte Februar auf einen Gesetzestext geeinigt. Dieser sieht in Artikel 13 deutlich mehr Pflichten zum Urheberrechtsschutz für Plattformen wie Youtube vor. Der Einsatz von Uploadfiltern, einer Software, die Dateien beim Hochladen prüft und gegebenenfalls abweist, wird zwar nicht explizit vorgeschrieben. Kritiker fürchten aber, dass die Plattformen den Vorgaben nur dadurch nachkommen können. Es drohe Zensur.

Timmermans warnte zugleich vor Manipulationen der Europawahl über das Internet. „Wir werden bei dieser Wahl vor großen Herausforderungen stehen mit ‚Fake News‘ und so weiter. Wenn eine Zeitung so etwas verbreitet, dann bekommt sie Schwierigkeiten“, sagte der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten. „Warum ist das bei Facebook und Google anders? Wir dürfen nicht mit zweierlei Maß messen in der Presse und im Netz. So machen wir den Journalismus kaputt.“

Hintergrund: EU-Richtlinie zum Urheberrecht: Darum geht es im Streit

Sonnabend wieder Demonstrationen gegen die Reform

Am Sonnabend sollen in ganz Europa und auch in 50 deutschen Städten Demonstrationen gegen das neue Urheberrecht stattfinden. Juso-Chef Kevin Kühnert hat eindringlich zur Teilnahme daran geworben. Die Demonstrationen könnten einen Beitrag dazu leisten, dass sich EU-Abgeordnete dem Antrag der SPD anschlössen, um scharf gestellte Uploadfilter zu verhindern, sagte Kühnert der „Augsburger Allgemeinen“ mit Blick auf die am Dienstag erwartete Entscheidung im EU-Parlament. Donnerstag war Wikipedia aus Protest das erste Mal abgeschaltet.

Die Bevölkerung in Deutschland ist mehrheitlich ebenfalls gegen die Filter. Einer Umfrage zufolge lehnen diese 39 Prozent ab. Fast jeder zweite Befragte (44 Prozent) traut sich zu diesem Thema aber kein Urteil zu – und nur 15 Prozent befürworten die umstrittene Filtersoftware. (GAU/dpa)