Brüssel. Mittwoch treffen sich die Nato-Verteidigungsminister in Brüssel. Dort beraten sie, wie sie auf die neuen russischen Raketen reagieren.

Deutschland und die anderen 28 Nato-Staaten bereiten in Europa schneller als erwartet eine Antwort auf die neuen russischen Mittelstreckenraketen vor. Bereits beim Treffen der Nato-Verteidigungsminister am Mittwoch in Brüssel solle beraten werden, wie sich das Bündnis an eine Welt ohne den INF-Abrüstungsvertrag und mit mehr russischen Raketen anpassen müsse, kündigte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg an. Details nannte er nicht.

Doch intern haben die USA den Bündnispartnern erklärt, dass sie als Antwort an Russland vorrangig die Stationierung konventioneller Marschflugkörper mittlerer Reichweite in Europa ins Auge fassen.

Die US-Botschafterin bei der Nato, Kay Bailey Hutchinson, sagte in Brüssel, die USA würden die Entwicklung eines defensiven, konventionellen Raketensystems beginnen. Entscheidungen der Nato sollen erst fallen, wenn der INF-Vertrag im Sommer endgültig gescheitert sein sollte, was als wahrscheinlich gilt.

Neue landgestützte Atomraketen nicht notwendig

Doch mit der schnellen Ansage solle Russland deutlich gemacht werden, dass es mit einem Bruch des Vertrags nichts gewinnen könne, heißt es im Bündnis. Zudem nehmen die Nato-Partner amerikanische Geheimdienstinformationen ernst, nach denen Russland Bau und Stationierung der umstrittenen Mittelstreckenraketen vom Typ SSC-8 zügig fortsetzt, nun auch weiter im Westen des Landes.

Inzwischen sollen demnach vier Raketenbataillone stationiert sein, eines davon 300 Kilometer östlich von Moskau. Insgesamt seien inzwischen 70 bis 80 mobile Raketen einsatzbereit, die mit Atomwaffen bestückt europäische Nato-Länder erreichen könnten.

Stoltenberg stellte erneut klar, als Antwort sei nicht die Stationierung neuer landgestützter Atomraketen in Europa beabsichtigt; da die USA über ausreichend see- und luftgestützte, mit Atombomben bestückbare Mittelstreckenraketen verfügen, wäre das strategisch auch nicht notwendig.

Stoltenberg zieht gemischte Bilanz

Die USA und ihre Nato-Verbündeten werfen Russland vor, mit der Stationierung der neuen Raketen gegen den INF-Vertrag zu verstoßen, der alle landgestützten Mittelstreckenraketen mit Reichweiten zwischen 500 und 2500 Kilometern verbietet.

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Moskau behauptet, die Raketen hätten nur eine Reichweite von 480 Kilometern, und wirft umgekehrt den USA Vertragsbruch vor. Ende Januar haben erst die USA, dann Russland den Ausstieg aus dem INF-Vertrag angekündigt.

Wegen der angespannten Beziehungen zu Russland dürfte bei dem Ministertreffen neuer Streit über die Verteidigungsausgaben der Nato-Staaten eher gedämpft ausgetragen werden. Dabei zieht Stoltenberg in einem vertraulichen Bericht für das Treffen eine gemischte Bilanz: Zwar sind die jährlichen Ausgaben der europäischen Nato-Staaten und Kanadas seit 2016 um fast 36 Milliarden Euro gestiegen – doch das Ziel, jedes Land solle spätestens 2024 zwei Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben, werden nach heutigen Planungen nur 16 der 29 Nato-Länder erreichen.

Auch US-Botschafterin äußert sich milde

Deutschland, das zur Verärgerung von US-Präsident Donald Trump für 2024 nur Verteidigungsausgaben von 1,5 Prozent des Bruttosozialprodukts angemeldet hat, ist also mit seiner Linie nicht allein in der Nato.

Doch sowohl Stoltenberg also auch US-Botschafterin Hutchinson äußerten sich milde. Auch Deutschland plane einen deutlichen Anstieg der Verteidigungsausgaben, lobte Stoltenberg. Hutchinson sagte: „Alle gehen in die richtige Richtung.“