Berlin . Bund und Länder haben einen Kompromiss bei der Grundsteuerreform erzielt. Die Steuer darf auch weiterhin auf Mieter umgelegt werden.

Nach der Verständigung auf Eckpunkte einer Reform der Grundsteuer hat Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) davor gewarnt, dass es in den Kommunen zu Einnahmeverlusten kommt.

Die Reform müsse die unverzichtbare Einnahmequelle sichern, sagte Günther unserer Redaktion. „Ich gehe davon aus, dass der bis Ostern vorzulegende Gesetzentwurf eine aufkommensneutrale Lösung für die Neujustierung der Grundsteuer schafft.“

Das Gesetz müsse zum Jahres Ende unter Dach und Fach sein. „Wir dürfen nicht riskieren, dass die Kommunen die Einnahmen ab 2020 in der Kasse fehlen.“

Darum geht es:

  • Die neue Lösung ist ein Kompromiss
  • Die CDU/CSU hatten ein vereinfachtes Modell gefordert.
  • Neubewertungen soll es nicht geben.
  • „Die Reform wird aufkommensneutral gestaltet“, heißt es in dem Eckpunkte-Papier

Bund und Länder hatten auf Neuordnung der Grundsteuer geeinigt

In der Diskussion um eine Neuordnung der Grundsteuer haben Bund und Länder einen Durchbruch erzielt und sich auf ein gemeinsames Modell verständigt. Künftig sollen Grundstückswerte, das Alter von Gebäuden und die durchschnittlichen Mietkosten in die Berechnung herangezogen werden.

Die Lösung ist ein Kompromiss aus einer umfassenden Forderung von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und dem Wunsch von CDU/CSU nach einem vereinfachteren Modell. Scholz konnte sich seine Berechnungswerte für Grundstückswerte, das Alter von Gebäuden und die durchschnittlichen Mietkosten in das Eckpunkte-Papier einbringen.

Zwei zentrale Forderungen von ihm blieben aber außen vor: Es werden weder die Grundstücksfläche noch jede einzelne Netto-Kaltmiete zur Berechnung hinzugezogen.

Wäre Scholz favorisiertes Modell komplett umgesetzt worden, hätten 36 Millionen Grundstücke neu bewertet werden müssen. Diese Neubewertung war bei der CDU/CSU auf große Kritik gestoßen, da hohe Kosten befürchtet wurden. Schon so wird die Neuordnung der Grundsteuer dazu führen, dass rund 2000 bis 3000 neue Stellen in den Verwaltungen geschaffen werden müssen.

Scholz ist zufrieden mit dem Kompromiss

Auch ohne eine Neubewertung der Grundstücke ist Scholz zufrieden mit dem Kompromiss. „Alles in allem ist das eine gute Lösung“, sagte Scholz nach einem Spitzentreffen mit den Finanzministern der Bundesländer.

Ein bürokratisches Monster, das Kritiker im Zuge der Neuordnung befürchtet hatten, werde nicht geschaffen. Stattdessen ließen sich die meisten Daten im Internet ermitteln. Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) betonte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, dass es insbesondere für Gewerbegrundstücke keine Mehrbelastung geben solle.

Kommunen sollen weiterhin 14 Milliarden Euro im Jahr erhalten

Auf ihre Einnahmen durch die Grundsteuer sollen Kommunen und Städte auch in Zukunft nicht verzichten. Die Kommunen nehmen rund 14 Milliarden Euro im Jahr durch die Grundsteuer ein, die damit eine der wichtigsten Finanzquellen darstellt.

„Die Reform wird aufkommensneutral gestaltet“, heißt es in dem Eckpunkte-Papier, berichte die Deutsche-Presse-Agentur. Somit können die Kommunen auch in Zukunft auf das Geld durch die Grundsteuer zählen.

Städtetag lobt Grundsteuer-Kompromiss

Die kommunalen Spitzenverbände begrüßen das geplante Modell zur Reform der Grundsteuer als richtigen Weg, deutliche Kritik kommt dagegen von der Immobilienwirtschaft. Sie befürchtet unter anderem einen hohen bürokratischen Aufwand beim Erheben der Steuer.

„Nach jahrzehntelangen Anläufen für eine Reform ist das eine gute Nachricht für die Städte“, sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, der Deutschen Presse-Agentur. „Nun kommt eine Korrektur in Sichtweite, damit eine der wichtigsten Steuern der Kommunen in Zukunft wieder verfassungsgemäß erhoben werden kann.“

Dedy unterstützt das Wert-Modell. „Das ist den Städten wichtig und kann auch von den Menschen besser akzeptiert werden“, sagte er. „Denn es ist gerechter, wenn auch der Wert von Grundstücken und Gebäuden in die Besteuerung einbezogen wird.“

Kritik am Grundsteuer-Modell von der Wohnungswirtschaft

Der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW warnte dagegen vor einer „Bürokratie- und Streitwelle“. Er sagte „eine in vielen Fällen starke Kostensteigerung gerade bei preiswert vermieteten Wohnungen in sonst teuren Lagen“ voraus. „Damit ziehen weitere dunkle Wolken für das bezahlbare Wohnen auf“, sagte Verbandspräsident Axel Gedaschko.

Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) warnte vor einem „hohen Verwaltungsaufwand“. Sein Präsident Andreas Mattner kritisierte: „Dies ist kein Kompromiss, sondern letztlich ein wertabhängiges Modell in anderer Verpackung. Das Motto der jetzt vorgeschlagenen Eckpunkte scheint zu sein: warum einfach, wenn es auch kompliziert geht.“

Es drohe eine systematische Benachteiligung des politisch gewünschten und dringend notwendigen Neubaus. „Eine Einigung muss anders aussehen“, sagte der Chef des Interessenverbandes der Immobilienwirtschaft.

Bisherige Berechnungsgrundlage ist veraltet

Die Reform ist nötig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht im Vorjahr einer Klage Recht gab, wonach das derzeitige Berechnungsverfahren nicht die Realität abbilde. Bisher müssen für die Berechnung des Einheitswertes als Bemessungsgrundlage die Werte von 1964 in Westdeutschland und seit 1935 in Ostdeutschland herhalten.

Neben Olaf Scholz hatte sich auch Justizministerin Katarina Barley für das Modell ausgesprochen. Allerdings wollten die beiden SPD-Politiker zunächst jede einzelne Nettokaltmiete in die Berechnung miteinbeziehen. Das hätte zu einer Neubewertung von 36 Millionen Grundstücken geführt. Aufgrund der erwartbaren Kosten, die damit einhergegangen wären, lehnten CDU/CSU das Modell ab.

Bayern ist noch nicht überzeugt

Stattdessen hatten Teile der Union ein Flächenmodell favorisiert, bei dem lediglich die Fläche eines Grundstücks für die Bewertung hätte hinzugezogen werden müssen. Auch die FDP sprach sich für ein solches Modell aus.

Nach wie vor bevorzugt Bayern das Flächenmodell. Bayern hatte sich bereits 2016 gegen eine Reform der Grundsteuer aus Angst vor höheren Kosten gewehrt und diese zusammen mit Hamburg blockiert. Zwar habe man eine „erste vorsichtige Annäherung und Gesprächsgrundlage für ein neues Modell“ erzielt, von einer Einigung sei man „aber noch ziemlich weit entfernt“, sagte Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) der Deutschen-Presse-Agentur.

Da mittlerweile aber auch Hamburg mittlerweile bei dem Kompromiss mitzieht, steht Bayern mit seiner Forderung nach dem Flächenmodell alleine dar. Das Flächenmodell würde insbesondere in Bayern zu einer bizarren Situation führen: In München, derzeit Deutschlands teuerster Stadt zum Wohnen, würde dieselbe Grundsteuer für ein Gebäude fällig werden wie in der bayerischen Provinz.

Grundsteuer kann auf Mieter umgelegt werden

Die Grundsteuer-Reform ist nicht nur für Grundstücksbesitzer relevant, sondern auch für Mieter. Denn Grundbesitzer von Mietshäusern dürfen nach wie vor die Grundsteuer auf die Miete umlegen, beispielsweise in Form der Nebenkosten. Mieter zahlen 19 Cent im Schnitt pro Quadratmeter, bei 100 Quadratmetern 19 Euro im Monat.

SPD, Grüne und Linke wollten daher die Umlegung der Grundsteuer auf die Mieter verbieten. Damit setzten sie sich aber nicht durch, da Kritiker befürchteten, dass das eingesparte Geld dann einfach auf die Nettokaltmieten hätte umgelegt werden können. Gerade in den angespannten Metropolen hätte so ein weiterer Anstieg der Mieten folgen können.

Auch die Mietpreisbremse hätte in solchen Fällen wohl kaum geholfen. Zwar hätten einzelne Mieten nicht erhöht werden können, insgesamt hätte aber eine Umlegung der Grundsteuer auf die Kaltmieten die Mietspiegel erhöht. Der Mietspiegel ist die Berechnungsgrundlage für die Mietpreisbremse. Ergo: Höherer Mietspiegel ergeben höhere Berechnungsgrundlage für die Mietpreisbremse und somit höhere Mieten.

(tki/dpa)