Berlin. Der Bund hat den Wählern einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung versprochen. Doch bei dem Versprechen hat er viel zu kurz gedacht.

Manche Sätze im Koalitionsvertrag von Union und SPD klingen zu schön, um wahr zu sein. Wie diese beiden: „Wir werden ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote für alle Schülerinnen und Schüler im Grundschulalter ermöglichen. Wir werden deshalb einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für alle Kinder im Grundschulalter schaffen.“

Die Bundesregierung gibt ein Versprechen ab, ohne die Konsequenzen zu bedenken.

Der Aufschrei der Kommunen ist nur folgerichtig, denn vor allem Städte und Gemeinden werden umsetzen müssen, was sich die Koalitionäre in Berlin ausgedacht haben. Können sie es? Stand jetzt: niemals.

Finanzspritze des Bundes erscheint Fachleuten viel zu klein

Auch wenn der Zeitraum bis 2025 – dann soll es den Rechtsanspruch spätestens geben – noch Luft zur Planung lässt: Hunderttausende Erzieher und Lehrer müssten nach Berechnungen der Kommunen bis dahin zusätzlich gefunden werden. Auch die zwei Milliarden Euro, die der Bund zu geben bereit ist, erscheinen angesichts der Tragweite eines solchen Rechtsanspruchs den Fachleuten in den Kommunen viel zu niedrig angesetzt.

Das Vorhaben ist nur ein weiteres Beispiel einer Bundespolitik, die mit Geld Kompetenzen kauft. Auch der Digitalpakt – immerhin fünf Milliarden Euro schwer – ist mit dem Plan einer Grundgesetzänderung ein Eingriff in die Hoheitsrechte der Länder.

Kommunen wissen am besten, wo das Geld fehlt

Die stecken im Dilemma: Sie brauchen die Mittel für die Schulen, während der Bund mehr Geld hat als nötig. Er wedelt mit den Scheinen und zwingt Länder und Kommunen in ungesunde Abhängigkeiten. So darf Föderalismus nicht funktionieren.

Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ist eine gute Idee, aber mit falschem Absender. Die Kommunen wissen selbst am besten, wo welcher Bedarf gedeckt werden muss. Sie sollten finanziell so ausgestattet sein, dass sie auch ohne den Bund zeitgemäße Politik machen können. Ihnen hilft nur ein radikaler Schritt: eine neue Steuerverteilung.