Berlin. Eine Berliner Waldorfschule schließt das Kind eines AfD-Politikers aus. Der hofft darauf, dass die Schule die Entscheidung überdenkt.

Die Schule hat sich die Entscheidung eigenen Angaben nach nicht leicht gemacht: Monatelang gab es Diskussionen zwischen Lehrern, Eltern und Oberstufenschülern, die in die Frage miteingebunden waren: Soll das Kind eines Berliner AfD-Abgeordneten einen Platz in der 1. Klasse der Waldorfschule bekommen?

Am Ende entschied ein fünfköpfiges Gremium, das Kind nicht aufzunehmen. Dies berichtet die „Berliner Zeitung“ und beruft sich auf den Trägerverein der Schule.

Begründung für den Ausschluss: Die Schule befürchtet, dass der Vater des Kindes mit seiner rechtsnationalen Gesinnung Einfluss auf Schule und Schüler nehmen könnte: „Angesichts (des) Konfliktes sieht die Schule keine Möglichkeit, das Kind mit der nötigen Unvoreingenommenheit und Unbefangenheit aufzunehmen“, zitiert die Zeitung den Geschäftsführer des Trägers. Beides seien jedoch „Grundvoraussetzungen, um die Entwicklung des Kindes angemessen zu fördern.“

Bildungssenatorin Scheeres äußerte Kritik

Eltern in Waldorfschulen werden intensiv in das schulische Leben ihrer Kinder eingebunden. Von ihnen wird Engagement bei Festen, Elternabenden und in Elternbeiräten gewünscht. Außerdem begleiten sie Kinder gemeinsam mit Lehrern auf Klassenfahrten.

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Die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sieht die Entscheidung laut „Berliner Zeitung“ „äußerst kritisch“. Womöglich verstößt die Entscheidung gegen das Antidiskriminierungsgesetz, weshalb nun die Privatschulaufsicht den Fall untersuchen soll.

Kinder nicht in Sippenhaft genommen

An der Schule befürchten viele Eltern, Schüler und Lehrer laut Zeitungsbericht, dass der Vater „durch ausländerfeindliche oder nationalistische Äußerungen den Schulfrieden gefährden“ werde. Andere mahnten, Meinungsfreiheit gelte auch in diesem Fall und man könne ein Kind nicht in Sippenhaft nehmen.

„Waldorf gegen Rassismus“: Demonstration gegen Rassismus und Rechtsradikalismus in Berlin (Archivbild).
„Waldorf gegen Rassismus“: Demonstration gegen Rassismus und Rechtsradikalismus in Berlin (Archivbild). © imago | imago

Kompliziert ist der Fall zusätzlich, weil das Kind zuvor bereits die an die Schule angeschlossene Kita besucht hatte.

Auch Private Schulen müssen Benachteiligung vermeiden

Die Senatsschulverwaltung erklärte, grundsätzlich könnten private Schulen selbst entscheiden, welche Schüler sie aufnehmen. Allerdings gelte in Berlin das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Dort heißt es unter anderem, das Gesetz wolle „Benachteiligungen aus Gründen der (...) Weltanschauung verhindern und beseitigen“.

Der AfD-Abgeordnete will nicht mit seinem Namen genannt werden, auch um die Kinder zu schützen. Für ihn sei der Schulbesuch seiner Kinder ein privates und kein politisches Thema, hieß es.

AfD-Politiker spricht von „einem schweren Schlag“

„Wir würden uns freuen, wenn die Schule ihre Entscheidung angesichts der Debatten der letzten Tage noch einmal überdenkt und auf uns zukommt“, sagte der Politiker, am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.

Für seine Familie sei der Vorgang ein „schwerer Schlag“, den es erst einmal zu verarbeiten gelte, bemerkte der Abgeordnete. Er bedauere auch, dass die fragliche Schule nun im Brennpunkt stehe.

Bund der Freien Waldorfschulen: Entscheidung noch einmal überdenken

Der Bund der Freien Waldorfschulen erklärte, er wünsche sich, dass die Einrichtung ihre Entscheidung noch einmal überdenkt.

Der AfD-Abgeordnete führte aus, er und seine Frau hätten sich in der Waldorf-Kita seines Kindes engagiert und seien dort anerkannt. Er könne nicht nachvollziehen, aufgrund welcher Kriterien nun sein Kind an der Schule nicht aufgenommen werde.

Mit ihm und seiner Frau habe es seitens der Schule nie einen richtigen Dialog über die Gründe gegeben. Dies wünsche er sich dies nun. „Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben.“ Verantwortliche der Waldorfschule waren am Mittwoch nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Waldorfschulen haben immer wieder Probleme mit Eltern, die den Reichsbürgern oder der Neuen Rechten nahestehen. So entschied der Vorstand einer Wiener Waldorfschule in diesem Jahr, dass die Kinder der rechtsnationalen österreichischen Philosophin Caroline Sommerfeld die Schule verlassen müssen. In einem anderen Fall wurde ein Schulleiter wegen seiner Nähe zu den Reichsbürgern entlassen.

Gegen Öko-Nationalisten und rechtsradikale Esoteriker

Die Sympathie mancher Rechten mit der Waldorfpädagogik liegt auch an ihrem Gründer Rudolf Steiner (1861-1925). Forschung und Politik kritisierten Teile von Steiners Werk als antisemitisch und rassistisch. Das Zentrum für Antisemitismusforschung in Berlin betonte wiederum Steiners Distanzierung „vom rassistisch-völkischen Antisemitismus seiner Zeit“.

Die Waldorfpädagogik reagierte im Jahr 2015 auf die Probleme mit rechtem Gedankengut in den eigenen Reihen. So veröffentlichte etwa der Bund der Freien Waldorfschulen eine Broschüre, in dem vor einer Vereinnahmung der Waldorfpädagogik durch Reichsbürger, die Neue Rechte und Rechtsradikale gewarnt wird. (aba)