Berlin. G20-Gipfel in Buenos Aires: Washington verzichtet auf neue Zölle, Peking will mehr US-Produkte kaufen. Offene Fragen bleiben aber noch.

Sie lächeln, doch völlig verflogen ist die Anspannung nicht. US-Präsident Donald Trump drückt die Hand seines chinesischen Amtskollegen Xi Jinping ziemlich fest. Wie zwei Zinnsoldaten stehen die beiden nach einem zweieinhalbstündigen Abendessen in einem Luxushotel in Buenos Aires da. Sehen so zwei Staatschefs aus, die nach dem G20-Gipfel der wichtigsten Wirtschaftsmächte einen Durchbruch verkünden wollen? Nicht ganz.

Doch immerhin auf eine Art Waffenstillstand haben sich Trump und Xi geeinigt. Ein massiver Handelskrieg zwischen der größten und der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt wird abgeblasen. Vorerst zumindest.

Binnen 90 Tagen sollen Streitigkeiten bei etlichen Punkten beigelegt werden, teilte das US-Präsidialamt am Samstag mit. Um die üppigen Handelsüberschüsse mit Amerika abzubauen, habe China zugesagt, mehr US-Produkte zu kaufen. Es gehe darum, eine „sehr bedeutende Menge“ an Gütern aus der Landwirtschaft, dem Energie- und Industriesektor zu importieren, hieß es.

Amerikanische Industrie leidet unter dem Konflikt

Amerikanische Firmen und Landwirte bekommen die negativen Folgen des Handelskonflikts mit China immer stärker zu spüren. Fallende Preise für Sojabohnen, Mais, Milch und Rindfleisch haben viele Bauern im Mittleren Westens in den Ruin getrieben. In diesen Bundesstaaten leben viele Wähler, die 2016 für Trump gestimmt haben und auf deren Unterstützung der Präsident beim nächsten Urnengang 2020 baut. Auch die US-Autoindustrie leidet.

Zu den Schwierigkeiten des Konzerns General Motors, der angekündigt hat, sieben Fabriken zu schließen, haben auch Trumps Strafzölle auf Stahl- und Aluminium-Importe beigetragen. Die Zulieferungen aus dem Ausland werden dadurch teurer.

USA erhöhen Sonderzölle zunächst nicht

Peking kann auf der Habenseite verbuchen, dass die amerikanische Regierung zunächst davon absieht, die Zölle auf chinesische Importgüter im Wert von weiteren 200 Milliarden Dollar ab Januar zu erhöhen. Der Satz bleibe bei zehn Prozent, hieß es in Washington.

Auch China verzichte auf Gegenmaßnahmen, betonte der chinesische Vize-Handelsminister Wang Shouwen. Trump hatte im Vorfeld des G20-Gipfels mit den höheren Zöllen gedroht, sollte das Treffen keinen substanziellen Fortschritt bringen.

Abschlusserklärung des G20-Gipfels gelingt

Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm die Nachricht vom amerikanisch-chinesischen Burgfrieden mit Erleichterung auf. „Wir alle, das merken wir, sind direkt beeinflusst davon, wenn die chinesisch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen nicht so reibungslos laufen“, erklärte die Kanzlerin, die bei einem Stadtbummel durch Buenos Aires von Passanten gefeiert worden war.

Auch mit Blick auf Deutschland ist die Zollkeule noch nicht vom Tisch. Deutsche Firmen liefern deutlich mehr Waren in die USA, als sie von dort einführen. „Wir haben ein enormes Handelsungleichgewicht, aber wir werden das ändern“, sagte Trump nach einem Gespräch mit Merkel.

Trump will sich Option von Strafzöllen offen halten

Immerhin gelang es dem G20-Gipfel, eine Abschlusserklärung vorzulegen. Bei den Themen Migration und Handel reichte es allerdings nur zu Formelkompromissen. So konnten sich die G20-Staaten nicht darauf einigen, sich weiterhin zum Kampf gegen Protektionismus zu bekennen.

Trump wollte sich die Option von Strafzöllen offen halten. Für die weltweite Konjunktur wäre dies schädlich. Zudem soll die Welthandelsorganisation WTO reformiert werden, um die Spielregeln im Handel untereinander neu zu definieren. Beim Klimaschutz bleibt es beim US-Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen. Die Front verlief 19 gegen einen, wie bereits beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg.

Keine Annäherung gab es im Ukraine-Konflikt. Russlands Präsident Wladimir Putin bezeichnete die Regierung in Kiew als „Partei des Krieges“, mit der kein Frieden möglich sei. Merkel hatte im Gespräch mit dem Kremlchef versucht zu vermitteln. Vergeblich.