Berlin. Nahm die AfD illegale Parteispenden an – und zahlte sie zu spät zurück? Offenbar erhielt die Partei 130.000 Euro aus dem Ausland.

Die Alternative für Deutschland (AfD) steht nach Ansicht von Experten vor einem Parteispendenskandal. Alice Weidel, Mitglied im Bundesvorstand und Fraktionschefin der AfD im Bundestag, gerät unter Druck.

Demnach hat die Partei zwischen Juli und September 2017 gleich mehrere Spenden über insgesamt 130.000 Euro aus der Schweiz angenommen und damit wohl gegen das Parteiengesetz verstoßen. Das berichten WDR, NDR und „Süddeutsche Zeitung“.

Absender der Spende ist dem Bericht zufolge eine Pharmafirma aus Zürich gewesen. Bei dem Unternehmen handelt es sich laut Züricher „Tagesanzeiger“ um die Firma PWS Pharmawholesale International AG. Deren Name stehe zumindest auf den Kontoauszügen des AfD-Kreisverbands Bodensee. Der Verwaltungsrat von PWS habe auf Nachfrage erklärt, die Überweisungen seien für einen ungenannten Geschäftsfreund vorgenommen worden.

Spende an die AfD und Weidel floss in mehreren Tranchen

Demnach soll das Geld in 18 Tranchen von meist 9000 Schweizer Franken auf das Sparkassenkonto des AfD-Kreisverbandes Bodensee geflossen sein. Als Zweck habe der Geldgeber angegeben: „Wahlkampfspende Alice Weidel“. Das belegten Kontoauszüge.

Die Bundestagsverwaltung nimmt den Fall bereits unter die Lupe. „Zu den sich jetzt unmittelbar stellenden Fragen ist der Bundesverband der Partei heute um eine Stellungnahme gebeten worden“, teilte die Bundestagsverwaltung am Montag in Berlin mit.

„Parteispenden aus Ländern außerhalb der Europäischen Union dürfen grundsätzlich nicht angenommen werden“, teilte die Bundestagsverwaltung mit. Unzulässige Parteispenden müssten entweder unverzüglich zurückgeleitet oder an den Bundestagspräsidenten abgeführt werden.

Alice Weidel sieht sich nicht in der Pflicht

Auf Nachfrage von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung räumte Alice Weidel ein, von der Großspende aus der Schweiz bereits im September 2017 erfahren zu haben. Persönliche Konsequenzen schließe sie allerdings aus.

„Bei dem Konto, auf dem die Spende einging, handelt es sich um das ordentliche Konto des Kreisverbandes des Bodenseekreises. Die Spende ist nicht an meine Person gegangen“, erklärte sie am Montag.

Weidel: „Keinerlei Information“ über Motive der Spende

Sie habe auf den richtigen Umgang der Schatzmeister mit der Spende vertraut. Über die Hintergründe der Pharmafirma, deren Besitzer und die Motive der Spende habe sie außerdem „keinerlei Informationen“.

Weidel erklärt auch, dass sie sich für eine Rückzahlung der Spende ausgesprochen habe. Kontoauszüge belegen, dass der AfD Kreisverband Bodensee im April 2018 – also mehr als ein halbes Jahr nach Erhalt der Spende, die Einzelspenden wieder zurückgezahlt hat.

Diese vier Aussagen von AfD-Politikern sorgten für Wirbel

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    Gesetzgeber verbietet Auslandsspenden

    Mit den Recherchen konfrontiert sagt der Parteienrechtler Martin Morlok: „Es ist fraglos eine illegale Parteispende, weil sie aus dem Nicht-EU-Ausland kommt.“ Der Gesetzgeber verbiete solche Auslandsspenden, weil er „nicht wolle, dass aus dem Ausland mit Finanzmitteln politische Strippen gezogen werden“, sagt Morlok. Spenden von mehr als 50.000 Euro müssen Parteien grundsätzlich sofort der Bundestagsverwaltung melden und müssen umgehend veröffentlicht werden.

    Dass der Kreisverband das Geld im April 2018 zurückgezahlt habe, ist nach Ansicht von Parteienrechtler Morlok allerdings ein weiterer schwerer Fehler: Illegal angenommene Spenden müssten entweder sofort zurückgezahlt werden oder wenn sie erst später auffielen an den Bundestagspräsidenten weitergeleitet werden.

    Das sind die Gesichter der AfD

    Bernd Lucke gründete im Februar 2013 die Alternative für Deutschland. Er wurde ihr erster Vorsitzender und das Gesicht der Partei. Zu Beginn stand vor allem die Kritik am Euro im Mittelpunkt.
    Bernd Lucke gründete im Februar 2013 die Alternative für Deutschland. Er wurde ihr erster Vorsitzender und das Gesicht der Partei. Zu Beginn stand vor allem die Kritik am Euro im Mittelpunkt. © Getty Images | Volker Hartmann
    Das Zerwürfnis: Im Juli 2015 auf dem AfD-Parteitag in Essen kam es zum Bruch zwischen Parteichef Bernd Lucke und der Co-Vorsitzenden Frauke Petry. Lucke verließ danach die Partei und gründete die neue Partei „Alfa“. Petry führt seitdem die AfD.
    Das Zerwürfnis: Im Juli 2015 auf dem AfD-Parteitag in Essen kam es zum Bruch zwischen Parteichef Bernd Lucke und der Co-Vorsitzenden Frauke Petry. Lucke verließ danach die Partei und gründete die neue Partei „Alfa“. Petry führt seitdem die AfD. © Getty Images | Volker Hartmann
    Bei dem Streit zwischen Bernd Lucke und Frauke Petry ging es nicht nur um die Macht in der AfD, sondern auch um deren Kurs. Unter Petry verlagerte sich der Schwerpunkt schnell in Richtung Anti-Islam-Partei.
    Bei dem Streit zwischen Bernd Lucke und Frauke Petry ging es nicht nur um die Macht in der AfD, sondern auch um deren Kurs. Unter Petry verlagerte sich der Schwerpunkt schnell in Richtung Anti-Islam-Partei. © Getty Images | Volker Hartmann
    Alexander Gauland, ein ehemaliger Journalist, steht heute für das national-konservative Gesicht der AfD. Er ist Vorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag von Brandenburg.
    Alexander Gauland, ein ehemaliger Journalist, steht heute für das national-konservative Gesicht der AfD. Er ist Vorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag von Brandenburg. © dpa | Ralf Hirschberger
    Thüringens AfD-Chef Björn Höcke gehört zu den absoluten Hardlinern der AfD. Sein Auftritt bei Günther Jauch in der ARD, als er eine Deutschlandfahne aus der Jacke zog, sorgte für reichlich Schlagzeilen.
    Thüringens AfD-Chef Björn Höcke gehört zu den absoluten Hardlinern der AfD. Sein Auftritt bei Günther Jauch in der ARD, als er eine Deutschlandfahne aus der Jacke zog, sorgte für reichlich Schlagzeilen. © dpa | Martin Schutt
    Björn Höcke provozierte mit einer Rede über die „Reproduktionslehre“ in Afrika scharfe Kritik aus den anderen Parteien.
    Björn Höcke provozierte mit einer Rede über die „Reproduktionslehre“ in Afrika scharfe Kritik aus den anderen Parteien. © imago stock&people | Stefan Zeitz
    Beatrix von Storch sorgte mit bizarren Talkshow-Auftritten im Fernsehen und mit ihrer Wortmeldung zum Schusswaffeneinsatz gegen Flüchtlinge an der Grenze für Aufregung. Die Europa-Abgeordnete der AfD wurde im April 2016 aus der europaskeptischen EKR-Fraktion im EU-Parlament ausgeschlossen.
    Beatrix von Storch sorgte mit bizarren Talkshow-Auftritten im Fernsehen und mit ihrer Wortmeldung zum Schusswaffeneinsatz gegen Flüchtlinge an der Grenze für Aufregung. Die Europa-Abgeordnete der AfD wurde im April 2016 aus der europaskeptischen EKR-Fraktion im EU-Parlament ausgeschlossen. © imago | Müller Stauffenberg
    AfD-Chefin Frauke Petry (m.) ist in der Partei nicht unumstritten. Das gilt auch für Markus Pretzell (r.), Landesparteichef in NRW und Europa-Abgeordneter. Petry und Pretzell sind privat liiert.
    AfD-Chefin Frauke Petry (m.) ist in der Partei nicht unumstritten. Das gilt auch für Markus Pretzell (r.), Landesparteichef in NRW und Europa-Abgeordneter. Petry und Pretzell sind privat liiert. © dpa | Urs Flueeler
    Die AfD hat rund 20.000 Mitglieder. Die Flüchtlingskrise brachte ihr großen Zulauf, sie zog 2016 in die Landtage von Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ein.
    Die AfD hat rund 20.000 Mitglieder. Die Flüchtlingskrise brachte ihr großen Zulauf, sie zog 2016 in die Landtage von Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ein. © Getty Images | Carsten Koall
    In bundesweiten Umfragen liegt die Partei eineinhalb Jahren vor der Bundestagswahl 2017 zwischen zehn und zwölf Prozent.
    In bundesweiten Umfragen liegt die Partei eineinhalb Jahren vor der Bundestagswahl 2017 zwischen zehn und zwölf Prozent. © imago stock&people | Bild13
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    Bundestagsvizerpräsident Kubicki erwartet Strafzahlung

    Nach Angaben von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) drohen der AfD wegen möglicherweise illegaler Parteispenden aus der Schweiz Strafzahlungen in sechsstelliger Höhe. „Im Raum stehen bis zu 390.000 Euro an Strafzahlungen“, sagte Kubicki unserer Redaktion.

    Die AfD soll im vergangenen Jahr 130.000 Euro aus der Schweiz erhalten haben. Die Bundestagsverwaltung werde den Sachverhalt aufklären und die notwendigen rechtlichen Konsequenzen ziehen. „Die finanziellen Konsequenzen für die AFD dürften in jedem Fall erheblich sein“, sagte der FDP-Politiker.

    Er könne das Verhalten von Fraktionschefin Alice Weidel in der Angelegenheit nicht verstehen, so Kubicki weiter. Weidel und andere Verantwortliche in der Partei „dürften gewusst haben, dass Parteispenden aus dem außereuropäischen Ausland entweder sofort zurückzuweisen oder aber unverzüglich dem Bundestagspräsidenten auszuhändigen sind“. Dass das offensichtlich nicht geschehen sei, sei „unerklärlich“, sagte Kubicki unserer Redaktion. (dpa/fmg)