Mainz/Ingelheim. In Mainz wurde eine Schwangere zur Abschiebung aus dem Krankenhaus geholt. In Hannover scheiterte die Aktion. Die Klinik ist empört.

Sie kamen in der Nacht – mit einem klaren Ziel: Polizisten wollten eine 29-Jährige abholen. Und sie zur Abschiebung nach Hannover zum Flughafen bringen. Eigentlich kein unüblicher Vorgang in Deutschland. Allerdings: Die Frau lag im Mainzer Universitätsklinikum, schwanger und mit Diabetes-Erkrankung. Letztlich scheiterte der Abschiebeversuch, die Iranerin bleibt vorerst in der Bundesrepublik, berichtet die Deutsche Presse-Agentur.

Dem Bericht zufolge blieb die 29-Jährige aber nicht, weil jemand das Vorgehen in Frage stellte – es sei am Flughafen zu Widerstandshandlungen gekommen, weshalb die Abschiebung abgebrochen wurde.

Universitätsmedizin empfindet Vorgehen als „bedenklich“

„Die Universitätsmedizin Mainz erachtet die Art und Weise, wie die Abschiebung vollzogen wurde, als außerordentlich bedenklich“, sagte eine Sprecherin. Das Vorgehen der Behörden am 17. Oktober sei „eine für die betroffene Patientin, die übrigen Patienten und die Mitarbeiter sehr belastende Situation“ gewesen.

Widersprüchliche Angaben machten Kreisverwaltung und Klinik zur Reisefähigkeit der Patientin, die einen Tag vor der Polizeiaktion stationär aufgenommen worden war.

Die Reisefähigkeit sei von der behandelnden Ärztin in der Uniklinik attestiert worden, erklärte die Kreisverwaltung. Hingegen betonte die Klinik, dass das so nicht ganz stimmen kann: „Reisefähigkeit wurde weder von den Behörden erfragt, noch von der Universitätsmedizin erteilt.“

Dublin-Regelung: Frau und ihre Familie sollten nach Kroatien

Die junge Mutter sollte zusammen mit ihrem Sohn entsprechend der Dublin-Regelung nach Kroatien abgeschoben werden. Dort hatte die Familie nach Angaben der Kreisverwaltung bereits einen Asylantrag gestellt, ehe sie im Mai nach Deutschland kam.

Die Regelung erlaubt es Ländern, Asylbewerber dorthin zurück zu schicken, in denen sie zuerst diesen Antrag gestellt haben. Ihr Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wurde Ende Juli abgelehnt.

Erster Abschiebeversuch im September war auch gescheitert

Ein erster Abschiebeversuch war bereits Mitte September gescheitert, weil sich die Familie zur Wehr gesetzt hatte. Der Vater kam daraufhin ins Abschiebegefängnis nach Ingelheim, wo er weiter inhaftiert ist. Die Mutter wurde in die benachbarte Flüchtlingsunterkunft nach Ingelheim gebracht.

Der Flüchtlingsrat Rheinland-Pfalz äußerte sich „empört, dass es zu einer solchen überfallartigen Szene durch Uniformierte in einem Krankenhaus kam“. Eine nächtliche Abschiebung aus einer Klinik sei „ein Tabubruch, der sich nicht wiederholen darf“, hieß es in einem von zwölf Organisationen unterzeichneten offenen Brief. „Menschen gegen ihren Willen aus einem Krankenhaus abzuholen, um sie abzuschieben, setzt sich zudem in eklatanter Weise darüber hinweg, dass die Krankenhausärzt*innen einen stationären Aufenthalt für erforderlich hielten.“

Kürzlich erst werdender Vater in ähnlicher Situation

Erst kürzlich hatte es in Thüringen einen ähnlichen Vorfall gegeben. In der Nacht zum 10. Oktober führten Polizisten und ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde des Landratsamt Saalfeld-Rudolstadt einen von der Elfenbeinküste stammenden Asylbewerber aus einem Krankenhaus ab, der direkt nach Italien abgeschoben werden sollte. Der Mann wartete zu diesem Zeitpunkt aber an der Seite seiner Frau auf die Geburt ihres gemeinsamen Kindes.

Letztlich wurde die Abschiebung nach Darstellung des Landratsamtes am Flughafen abgebrochen, da der Mann Widerstand leistete. Zuvor sollen sich aber die Hebammen nach Auskunft von Thüringer Flüchtlingsrat und Krankenhaus für den Mann eingesetzt haben. (ses/dpa)