Berlin. Nur jeder dritte Mann nimmt Elternzeit – und viele nur kurz. Dieses Ungleichgewicht muss ausgeglichen werden – auf mehreren Ebenen.

Das Elterngeld ist eine wirklich gute Sache. Wenn in Deutschland zwei Menschen ein Kind miteinander bekommen, dann können sie sich die vom Staat geförderte Elternzeit aufteilen. Idealerweise würde die Mutter sieben Monate und der Vater sieben Monate beim Kind bleiben können. Beide würden im besten Fall 1800 Euro netto pro Monat vom Staat bekommen. Wer würde das nicht wollen? Ganz ehrlich, ein Traumangebot für eine Traumzeit.

Doch die Realität ist natürlich wie immer eine andere. Also, nicht falsch verstehen, das Geld gibt es wirklich, inzwischen mit noch viel ausgefeilteren Finanzierungsmodellen, die die Elternzeit kombiniert mit Teilzeit auf noch mehrere Monate verlängern lässt. Aber es wird eben nicht so angenommen, wie sich das der Gesetzgeber oder die Erfinderin des Elterngelds, Ursula von der Leyen, die bei Einführung 2007 noch Familienministerin war, vielleicht erhofft hatten. Leider betrifft das die Väter dieses Landes. Von allen Vätern, die die Elternzeit in Anspruch nehmen können, machen nur 36 Prozent davon Gebrauch.

Die meisten Väter nehmen nur zwei Monate Elternzeit

Also nur jeder Dritte. Die Regeln für die Elternzeit sind einfach: Mindestens zwei Monate muss der Vater oder die Mutter (in eher seltenen Fällen) Elternzeit nehmen, damit 14 Monate für das Paar insgesamt gefördert werden. Sonst bleiben nur zwölf Monate, meist für die Mutter. Denn von den 36 Prozent der Väter, die in Elternzeit gehen, nehmen die meisten nur zwei Monate in Anspruch: 2015 waren es noch 80 Prozent, 2017 etwa 60 Prozent, die den Mindesteinsatz wählten.

Dass die Elternzeitväter, egal wie lang, mehr zu Hause mitmachen, zeigt eine aktuelle Studie. Sie verbringen im Schnitt mehr Zeit mit den Kindern und bringen sich auch mehr im Haushalt ein als Väter, die gar keine Elternzeit genommen haben. Damit wäre der gesellschaftliche Wert und familiäre Nutzen des Systems mal wieder bewiesen. Trotz allem bleibt die Frage: Was hindert die übrigen 64 Prozent überhaupt, sich die Auszeit für Kind und Familie zu nehmen?

Bohrt man bei den 64 Prozent nach, hört man immer wieder die gleichen Geschichten. Sie waren gerade im Job nicht ersetzbar, es standen wichtige Projekte an. Oder selbst hätte man gewollt, nur der Chef oder die Chefin nicht. So etwas würde zwar nicht gesagt, aber Mann spürt so etwas. Dann gibt es noch die Geschichten derer, die Elternzeit gemacht haben, danach aber nicht mehr für voll genommen worden sind. Es hängt also viel von der Führungskraft und von der Kultur eines Unternehmens ab.

Paare leben Ungleichweit weiter – bewusst oder unbewusst

Ein zweiter Grund ist das Einkommen, das bei Männern meist höher ist als bei Frauen. Der Lohnunterschied misst in Deutschland 21 Prozent, so viel verdienen Frauen im Schnitt weniger als Männer. Ein Totschlagargument gegen eine Elternzeit. Und der dritte Faktor sind die Frauen selbst. Denn wenn Papi bei den Kindern bleibt, muss Mami wieder arbeiten. Andersrum ist für viele Frauen natürlich angenehmer.

Die Gründe dafür, warum Väter auf eine Elternzeit verzichten, zeigen, dass Männer und Frauen hierzulande immer noch nicht gleich behandelt werden, teils Paare bewusst oder unbewusst selbst diese Ungleichheit weiterleben. Letztlich müssen Männer und Frauen immer wieder im Einzelfall entscheiden, ob sie sich Zeit für ihre Kinder nehmen wollen oder nicht.

Nur eines noch: Das Geld, das man in der Zeit verdienen kann, die Karriere, die man machen kann, bringen einem die Momente, das erste Jahr mit Kind nie zurück. Zumindest das haben Frauen schon immer besser gewusst.