Berlin. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther legt der CSU personelle Konsequenzen nahe. Angela Merkel unterstützt er.

Am bayerischen Wahlabend erreichen wir den schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) am Telefon. Seine erste Analyse fällt schonungslos aus.

Herr Günther, wer trägt Schuld am Debakel der CSU bei der Bayern-Wahl?

Daniel Günther: Die CSU muss dringend ihren Kurs korrigieren – gerade auch in Berlin. Horst Seehofer und Alexander Dobrindt haben das Lebensgefühl der Menschen überhaupt nicht wiedergegeben. Statt positiv Politik zu machen, haben sie sich darauf konzentriert, Störfeuer zu sein. Das Erscheinungsbild der CSU ist seit einiger Zeit beklagenswert. Für diese Quittung der bayerischen Wähler ist einzig und allein die CSU verantwortlich.

Halten Sie personelle Konsequenzen für notwendig?

Die CSU sollte sich sehr sorgsam angucken, wie sie sich für die Zukunft aufstellt. Die jetzige Führung hat offenkundig ihren großen Beitrag dazu geleistet, dass die CSU bei dieser Wahl zweistellig verloren hat – trotz ihrer erfolgreichen Regierungsarbeit in Bayern. So etwas kann es nur geben, wenn führende Personen Ihre Partei in die falsche Richtung führen.

Können Sie der CSU eine Koalition mit den Grünen empfehlen?

Aus schleswig-holsteinischer Sicht kann ich die Grünen als Koalitionspartner empfehlen. Hier funktioniert Jamaika hervorragend.

Wird die CSU innerhalb der Union eine geringere Rolle spielen als bisher?

Das Wahlergebnis zeigt, dass die CSU auf Normalmaß geschrumpft ist. Die CSU hat sich klein gemacht, indem sie Probleme hochgeredet und keine Lösung angeboten hat. Sie hat unser Land schlechtgeredet – und einen hohen Preis dafür gezahlt. Sie muss jetzt unter Beweis stellen, dass sie mit einer veränderten Politik ihre Rolle stärken kann.

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    Mit Angela Merkel und ihrer Migrationspolitik hat das Ergebnis nichts zu tun?

    Ich sage sehr klar: Das ist ein rein hausgemachtes CSU-Ergebnis. Ich glaube eher, dass die CSU sich bei Angela Merkel für die letzten Prozentpunkte bedanken kann. In den Umfragen war unsere Schwesterpartei ja schon weiter eingebrochen. Eine Reihe von Menschen hat gesagt: So wie sich die CSU aufgeführt hat, kann ich die nicht mehr wählen. Am Ende haben sie dann doch aus Verantwortung für die CSU gestimmt. Auf diese Wähler wird sich die CSU aber nur stützen können, wenn sie sich verändert.

    Ist Merkel gut beraten, im Dezember noch einmal für den CDU-Vorsitz zu kandidieren?

    Ich habe Angela Merkel darin unterstützt, für die gesamte Wahlperiode als Regierungschefin anzutreten. Und ich teile auch ihre Überzeugung, dass die Regierungsverantwortung und die Verantwortung als Parteivorsitzende in eine Hand gehören. Von daher hat sie meine Unterstützung, wenn sie beim CDU-Parteitag im Dezember noch einmal antritt.

    Wird sie das denn?

    Ich bin nicht Angela Merkel. Das müssen Sie die Kanzlerin fragen.

    Auch die SPD hat ein niederschmetterndes Wahlergebnis eingefahren. Wie wirkt sich die Bayern-Wahl auf die Stabilität der großen Koalition im Bund aus?

    Ich hoffe, dass alle drei Parteien in Regierungsverantwortung die richtigen Schlüsse aus dem Wahlergebnis ziehen. Es kann nicht darum gehen, dass jeder Partner sich überwiegend darauf konzentriert, sich auf Kosten des jeweils anderen zu profilieren. Das mag vor 30 Jahren richtig gewesen sein. Heute interessieren sich die Leute nicht mehr dafür, wer was durchgesetzt hat. Sie wollen schlicht und ergreifend gut regiert werden. Und wenn sie schlecht regiert werden, verlieren die Parteien, die in Verantwortung sind, an Zustimmung. Das sehen wir im Augenblick in Berlin. Die große Koalition sollte endlich die wirklichen Probleme im Land anpacken – und die Selbstbeschäftigung einstellen. Dann wird es auch wieder nach oben gehen.