Brasila. Trump-Bewunderer Jair Bolsonaro gewann die erste Runde der Präsidentschaftswahl in Brasilien. Er gilt als Favorit für die Stichwahl.

Brasilien steht vor einem Ruck nach Rechtsaußen. Im Ringen um das Präsidentenamt im größten und wichtigsten Land Lateinamerikas kommt es in drei Wochen zur Stichwahl zwischen dem radikal rechten und demokratiefeindlichen Jair Bolsonaro von der Partei PSL und dem Mitte-links-Kandidaten Fernando Haddad von der Arbeiterpartei PT.

Bei der ersten Runde der Präsidentenwahl stimmten am Sonntag mit gut 46 Prozent überraschend viele Wähler für den Favoriten Bolsonaro. Ihm waren in den Umfragen lediglich bis zu 40 Prozent prognostiziert worden. Haddad erreichte demnach 29 Prozent der Stimmen, Dritter wurde der Linkskandidat Ciro Gomes, Ex-Gouverneur des Bundesstaates Ceará. Er konnte rund 12,5 Prozent der Stimmen auf sich vereinen.

Bolsonaro präsentiert sich als Vertreter des Anti-Establishments

Der frühere Fallschirmjäger und Abgeordnete Bolsonaro gilt damit als eindeutiger Favorit für die Stichwahl am 28. Oktober. Mit einem Triumph des 63-Jährigen, der sich als Vertreter des Anti-Establishments präsentierte, könnte die Stabilität des größten Landes in Lateinamerika und in der Konsequenz die des gesamten Subkontinentes in Gefahr geraten.

Dann wären in den beiden wichtigsten Ländern Süd- und Nordamerikas unberechenbare, verbal aggressive Provokateure am Ruder. Bolsonaro bezeichnete den US-Präsidenten Donald Trump im Wahlkampf wiederholt als sein Vorbild.

Bolsonaro hat die Demokratie mehrfach als „Schweinerei“ bezeichnet und verklärt dafür die Zeit der Militärdiktatur von 1964 bis 1985 als die Phase, in der Brasilien stabil und „alles in Ordnung“ war. Seine Hauptthemen im Wahlkampf waren der Kampf gegen die Korruption und die Kriminalität.

Proteste gegen brasilianischen Präsidentschaftskandidaten Bolsonaro

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    Bolsonaro will die Bevölkerung bewaffnen

    Hier fordert er, den einzelnen Bürgern mehr und dem Staat weniger Rechte zuzugestehen. So spricht er sich dafür aus, die Bevölkerung zu bewaffnen und die Polizei bei der Verbrechensbekämpfung von rechtsstaatlichen Pflichten zu entbinden.

    Brasilien ist das Land mit den meisten Morden weltweit. 2017 wurden 63.880 Menschen getötet. Gegen die Bestechlichkeit der Politiker hat der Favorit bisher vor allem angekündigt, den „Saustall“ in der Hauptstadt Brasilia auszumisten.

    Schon rechnerisch ist Bolsonaro der Sieg in der zweiten Runde kaum noch zu nehmen. Zwar ist wahrscheinlich, dass die Stimmen des Linken Gomes zu Haddad wandern, aber schon die Wähler des Viertplatzierten Geraldo Alckmin (4,76 Prozent) von der konservativen PSDB könnten zu großen Teilen zu Bolsonaro wechseln.

    Weite Teile der Bevölkerung hassen die Arbeiterpartei PT

    Haddad, ehemaliger Bildungsminister, braucht zum Sieg aber die Stimmen Alckmins und muss zusätzlich hoffen, dass die acht Prozent Protestwähler, die am Sonntag ihre Stimme ungültig machten oder einen leeren Stimmzettel abgaben, in drei Wochen für ihn stimmen.

    Dagegen spricht aber der Hass in weiten Teilen der Bevölkerung und vor allem der Mittelschicht gegen die Arbeiterpartei PT. Die Menschen machen vor allem diese für die Korruption um den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras verantwortlich, in die Politiker aller Parteien verwickelt sind, vor allem PT-Vertreter.

    Zudem kreiden die Menschen der Arbeiterpartei den wirtschaftlichen Niedergang unter Präsident Lula da Silva an. Er weitete sich aber unter dessen Nachfolgerin Dilma Rousseff zu einer tiefen Rezession aus. Rousseff wurde 2016 ihres Amtes enthoben.

    Nach dem Messerattentat Wahlkampf im Internet

    Bolsonaro meldete sich am Sonntagabend über Facebook zu Wort. In dem 14 Minuten langen Video wetterte er zunächst gegen das elektronische Wahlsystem, das ihm bereits den Sieg in der ersten Runde genommen habe. Die Vorwürfe konkretisierte er aber nicht.

    Er erklärte, Brasilien habe die Wahl zwischen zwei Wegen: Seinem, der einer von „Prosperität, Freiheit, Familie und an der Seite Gottes sei“ und dann „dem von Venezuela“. Brasilien könne keine weitere Linksregierung vertragen, die mit dem „Kommunismus fraternisiert“.

    Die letzten vier Wochen des Wahlkampfes hatte Bolsonaro im Krankenstand verbracht.

    machte er über Youtube, Facebook und Twitter Wahlkampf. Geschadet hat ihm das nicht. Es ist ein erstaunlicher Aufstieg des radikal rechten Politikers, den in Brasilien noch vor Jahren kaum jemand kannte.

    Diejenigen, die mit ihm zu tun hatten, hielten ihn lange für einen rechten Spinner, der von der Diktatur schwärmte und Minderheiten diffamierte. Richtig ernst aber nahm die politische Elite den Mann nicht, der in 27 Jahren im Parlament kein einziges Gesetzesprojekt erfolgreich auf den Weg brachte. Seit Sonntag aber ist das endgültig vorbei.