London. Der Parteitag der britischen Konservativen beginnt in Birmingham im Zeichen des Brexit-Streits. Mehrheit unterstützt Mays Plan nicht.

Pünktlich zu Beginn des Parteitages der Konservativen kochen in Großbritannien die Emotionen hoch. „Boris contra May – jetzt ist es Krieg“, titelte am Sonntag die „Sunday Times“. Der frühere Außenminister Boris Johnson hatte in einem Interview den Brexit-Kurs der Premierministerin Theresa May als „geistesgestört“ bezeichnet. Wer ihren Chequers-Plan verhindern wolle, giftete Theresa May zurück, spiele Politik mit der Zukunft des Landes und schade dem nationalen Interesse.

Zum Start des Jahrestreffens der Konservativen in Birmingham am Sonntag ist schon einmal eines garantiert: Ein langweiliger Kongress wird dies gewiss nicht. Der Streit um den richtigen Brexit-Kurs und die politische Zukunft der Parteivorsitzenden May wird den bis zum Mittwoch dauernden Parteitag dominieren. Es gebe, wird Theresa May nicht müde zu unterstreichen, keine Alternative zu ihrem auf dem gleichnamigen Landsitz der Regierung ausgehandelten Chequers-Plan: Nur er garantiere, dass das Resultat des Brexit-Referendums respektiert, ein reibungsloser Handel erreicht und eine harte Grenze in Nordirland vermieden werden kann.

Boris Johnson will die Unternehmenssteuern senken

Das von May anvisierte Freihandelsabkommen stößt allerdings nicht nur bei den europäischen Verhandlungspartnern auf Ablehnung. Eine Umfrage zeigte, dass mehr als zwei Drittel, nämlich ganze 69 Prozent der Mitglieder der Konservativen Partei Mays Chequers-Plan nicht unterstützen.

Außerdem hat May unrecht, wenn sie sagt, dass es keine Alternative gebe. Boris Johnson hatte am Freitag seinen eigenen Brexit-Plan vorgestellt, der nach dem Vorbild des mit Kanada ausgehandelten Handelsabkommens ausfallen soll. Er sieht einen sehr viel härteren Bruch mit der EU vor, setzt auf „regulatorische Divergenz“ um sich Wettbewerbsvorteile gegenüber der EU zu verschaffen, will die Unternehmenssteuern senken, die Vorschriften beim Arbeitnehmer-, Umwelt- und Datenschutz lockern und den Finanzinstituten wieder freiere Hand verschaffen. Ein „SuperKanada“ wäre das, freute sich Johnson: „Brexit sollte Teil einer wirklich selbstbewussten und glorreichen Kampagne sein, um die britische Wirtschaft zu revitalisieren.“

Außenminister Jeremy Hunt soll Interesse an Mays Nachfolge haben

Der Parteitag wird sich zwischen den Polen Chequers und Kanada zerreiben. Zugleich wird der Streit um den richtigen Brexit-Kurs durch die Personalie May befeuert: Wer soll sie im Amt der Regierungschefin beerben? Das Treffen in Birmingham dient als ein Schaulaufen zwischen den verschiedenen Kandidaten. Allen voran Boris Johnson, der am Dienstag, einen Tag vor Mays Grundsatzrede, selbst einen Vortrag auf einer Randveranstaltung halten wird. Aber auch der Innenminister Sajid Javid wird am Dienstag in einer Rede seine Referenzen für den Top-Job präsentieren, und dem Außenminister Jeremy Hunt sagt man ebenso Interesse an einer Nachfolge von May nach wie dem Umweltminister Michael Gove.

Auf die Premierministerin kommt da eine undankbare Aufgabe zu. Das Beste, auf das sie hoffen kann, ist, dass ihr der Laden nicht auseinanderfliegt und sie die Risse in der Partei einigermaßen zu übertünchen vermag.