Erdogan-Besuch

Deckname Uwe Böhnhardt – Sächsische Polizei unter Druck

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Ein SEK der sächsischen Polizei steckt wegen des Decknamens Uwe Bönhardt in der Kritik.

Ein SEK der sächsischen Polizei steckt wegen des Decknamens Uwe Bönhardt in der Kritik.

Foto: Sebastian Willnow / dpa

Im Rahmen des Besuchs des türkischen Präsidenten hat ein sächsisches SEK für einen Eklat gesorgt. SPD fordert Konsequenzen.

Dresden.  Wieder sorgt die sächsische Polizei für einen Skandal. Im Rahmen des Staatsbesuchs des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Berlin und Köln haben Polizisten eines SEKs den Decknamen Uwe Böhnhardt für einen Kollegen ausgesucht. Böhnhardt bildete gemeinsam mit Uwe Mundlos und Beate Zschäpe die Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU)

Der Sprecher des Landeskriminalamtes (LKA), Tom Bernhardt, sagte die Beamten hätten die Namensliste für mehrere Kollegen erstellt. Anschließend sei die Liste nach Berlin gegangen. Erst den Beamten in der Hauptstadt fiel der Name Uwe Böhnhardt auf. Rund um den Besuch Erdogans in Berlin waren auch sächsische Polizisten im Einsatz.

Die beiden Betroffenen dürfen vorerst nicht arbeiten, ein Disziplinarverfahren sei eingeleitet worden. Ziel sei die „Entfernung der Beamten aus dem Dienst“, hieß es. „Das ist so ungeheuerlich, dass man über die härtesten möglichen Konsequenzen zumindest nachdenken muss“, sagte Bernhardt.

„Ich erwarte, dass diese Männer aus dem Polizeidienst entlassen werden“, sagte SPD-Innenexperte Burkhard Lischka der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. Dass zwei sächsische SEK-Beamte den Namen des NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt als Tarnnamen für einen Einsatz während des Besuchs des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan benutzten, sei an Zynismus gegenüber den Opfern des NSU nicht zu überbieten, erklärte Lischka.

Deckname sollte auf Akkreditierungsausweis erscheinen

Aliasnamen werden verwendet, wenn Gesicht und Person der Polizisten nicht miteinander in Verbindung gebracht werden sollen. Üblich sei das beispielsweise bei Personenschutzaufgaben. Es diene der Sicherheit der Beamten, erläuterte der LKA-Sprecher. In diesem Fall sollte der Deckname auf einem Akkreditierungsausweis erscheinen und bei einem SEK-Einsatz anlässlich des Erdogan-Besuchs genutzt werden.

Der Präsident des sächsischen LKA, Petric Kleine, sagte laut Mitteilung, das Verhalten der Beamten sei vollständig inakzeptabel, im höchsten Maße verantwortungslos und an „Dummheit“ kaum zu überbieten. Er entschuldigte sich auch bei den Angehörigen der NSU-Opfer.

Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums verwies auf die Zuständigkeit des Landes. Dies sei „ein Vorgang des Freistaates Sachsen, deshalb kann ich dazu nichts sagen“.

Der NSU hatte neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft sowie eine Polizistin ermordet. 2011 war der NSU aufgeflogen, nachdem sich Böhnhardt und Mundlos nach einem gescheiterten Banküberfall selbst getötet hatten.

Der aktuelle Fall bringt die sächsische Polizei erneut in die Schlagzeilen. Im August hatte ein LKA-Mitarbeiter während einer Pegida-Demonstration lautstark gegen Aufnahmen von Journalisten protestiert. Er bezichtigte die Reporter einer Straftat, woraufhin Polizisten das Team intensiv kontrollierten.

Im Dezember 2017 stießen die Sitzpolster der neu angeschafften SEK-Einsatzfahrzeuge „Survivor R“ auf heftige Kritik. Sie zeigten ein Logo mit Nähe zur NS-Symbolik - ein gekröntes und von zwei Löwen gehaltenes sächsisches Wappen, geflügelt und umringt von einem Lorbeerkranz.

Außerdem hatte im vergangenen Jahr ein SEK-Beamter im Einsatz bei einer Demonstration gegen Rassismus ein in der rechten Szene verwendetes Symbol - die Raben Odins - an der Uniform getragen. Alle Einsatzkräfte sollten daraufhin entsprechend sensibilisiert werden, hieß es damals. (dpa/epd/hip)

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