Berlin. Die Koalitionskrise löst Besorgnis aus. EU-Kommissar Oettinger nennt sie „Abrissbirne für Deutschland“. Kubicki sorgt sich um Maaßen.

Vor dem neuerlichen Krisentreffen der Koalitionsspitzen zum Fall Maaßen hat der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger einen Appell an Union und SPD gerichtet, der schwelenden Koalitionskrise ein Ende zu setzen.

„Es wird immer schwieriger, den europäischen Partnern zu erklären, warum sich die große Koalition in immer neue Konflikte verstrickt, die eigentlich von geringer Bedeutung sind“, sagte der CDU-Politiker unserer Redaktion. Im Koalitionsvertrag sei ein „neuer Aufbruch für Europa“ vereinbart worden. „Stattdessen sehen wir Abrissbirne für Deutschland.“

Die EU habe ein ganzes Jahr verloren, weil es seit der Bundestagswahl wenig deutsche Mitwirkung an der Lösung der europäischen Probleme gegeben habe, beklagte Oettinger. „Wir erwarten hier in Brüssel, dass sich die Bundesregierung endlich um europäische Themen kümmert.“

Merkel zur Zukunft Maaßens: "Wir sind übereingekommen, die Lage erneut zu bewerten"

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    Linken-Fraktionschefin Wagenknecht will Neuwahlen

    Dagegen sprach sich die Vorsitzende der Linke-Fraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht, für rasche Neuwahlen aus. Die Koalition sei „erkennbar zu keiner vernünftigen Entscheidung mehr fähig“, sagte sie. Daher wäre es gut für Deutschland, wenn „das Elend dieser Koalition“ schnell beendet würde.

    Wagenknecht riet der SPD, sich ihrer linken Sammlungsbewegung anzuschließen. Die Chance auf andere Mehrheiten gebe es nur, wenn die SPD sich grundlegend neu aufstelle. „Statt ihren Weg in die politische Bedeutungslosigkeit fortzusetzen, sollte die SPD-Spitze die Chance der Sammlungsbewegung „Aufstehen“ nutzen und einen echten Neubeginn wagen“, sagte die Linke-Politikerin.

    Nahles machte mehrere Kehrtwenden

    SPD-Chefin Andrea Nahles hatte am Freitag in einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) eine Abkehr von der beschlossenen Beförderung des entlassenen Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maaßen zum Staatssekretär verlangt. Dies sei bei den Menschen auf Unverständnis gestoßen. „Wir haben uns alle drei geirrt“, sagte sie.

    "Wir haben uns geirrt" – Fall Maaßen wird nachverhandelt

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      Vorausgegangen war massive Kritik aus der SPD an ihrer Vorsitzenden, die die Personalie mit abgesegnet hatte. Forderungen reichten bis zur Auflösung der Koalition. Zuvor hatte Nahles vehement die Ablösung Maaßens unter anderem wegen seiner umstrittenen Äußerungen zu den rechtsextremen Zwischenfällen in Chemnitz gefordert. Die drei Parteivorsitzenden wollen nach Angaben Merkels noch am Wochenende eine „tragfähige Lösung“ im Fall Maaßen finden.

      Kubicki sieht SPD als Gefahr für Maaßen

      Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki warf Seehofer mangelnde Unterstützung Maaßens vor. Er erwarte vom Innenminister als Dienstherr, dass er „seine Mitarbeiter vor einer politisch motivierten öffentlichen Desavouierung und Hetzjagd – auch durch den sozialdemokratischen Koalitionspartner – schützt“, sagte der stellvertretende FDP-Vorsitzende unserer Redaktion. „Dies ist Horst Seehofer offensichtlich nicht gelungen.“ (gau)