Washington. Brett Kavanaugh soll Richter am Obersten US-Gerichtshof werden. Eine Frau wirft ihm sexuelle Belästigung vor. Trump glaubt ihr nicht.

Wenn es nach Donald Trump geht, wird Brett Kavanaugh bald Richter am obersten US-Gerichtshof: Der Präsident hat den konservativen Juristen für das Amt auf Lebenszeit nominiert. Doch die Bestätigung Kavanaughs durch den Justizausschuss des Senates steht weiter aus – weil eine Frau schwere Vorwürfe gegen den Juristen erhoben hat.

Christine Blasey Ford, Psychologieprofessorin aus Kalifornien, beschuldigt Kavanaugh, sie in der Schule sexuell belästigt zu haben. Sie sei zu dem Zeitpunkt 15 Jahre alt gewesen, er 17. Der 53-jährige Kavanaugh bestreitet die Vorwürfe vehement.

Trump nimmt Richter Kavanaugh in Schutz

Jetzt hat Donald Trump mit sarkastisch wirkenden Aussagen zu den Missbrauchsvorwürfen eine Protestwelle ausgelöst. Am Freitag hatte der Präsident mehreren Tweets die Glaubwürdigkeit Fords in Frage gestellt und Kavanaugh wie bereits zuvor in Schutz genommen.

Auf Twitter schrieb Trump, er habe keine Zweifel: „Sollte der Angriff auf Dr. Ford wirklich so schlimm gewesen sein, wie sie sagt, hätten schon damals entweder sie oder ihre liebevollen Eltern Anklage bei den örtlichen Strafverfolgungsbehörden eingereicht.“ Dass die 51-Jährige 36 Jahre lang nicht über den mutmaßlichen Übergriff gesprochen hat ist einer der größten Kritikpunkte des Kavanaugh-Lagers.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Mit dem Tweet ging Trump die Frau erstmals offensiv an. In den Tagen zuvor hatte er sich betont maßvoll in der Debatte gegeben. Er hatte seinen Supreme-Court-Kandidaten Brett Kavanaugh zwar wiederholt verteidigt und den Kurs der Demokraten in der Frage heftig kritisiert, aber sich auffallend mit Wertungen über Ford zurückgehalten. Ford hatte zudem bereits erklärt, dass sie nach der Party zunächst niemandem von dem Vorfall erzählt habe, auch ihren Eltern nicht.

Trump löst mit Äußerungen Protestwelle aus

Unter dem Hashtag #WhyIDidntReport solidarisierten sich im Laufe des Freitags zehntausende Frauen und Männer mit Ford. Auf Twitter teilten sie ihre persönlichen Missbrauchserfahrungen mit und legten offen, warum sie diese nicht zur Anzeige gebracht hatten. Auch die Tochter des ehemaligen US-Präsidenten und Republikaners Ronald Reagan, Patti Davis, äußerte sich in einem Artikel in der „Washington Post“.

Unter dem Hashtag werden nun Erklärungen für das lange Schweigen geliefert: Bereits zwei Stunden nach den Trump-Tweet war der Hashtag einer der weltweit am häufigsten verwendeten. In einem Tweet, der über 6000 Mal geteilt wurde, schilderte die Schauspielerin Ashley Judd: „Das erste Mal, als ich vergewaltigt wurde, war ich sieben. Ich habe es den ersten Erwachsenen erzählt, die mir begegnet sind. Sie sagten: Oh, er ist ein netter alter Mann. Er hat es nicht so gemeint. Als ich mit 15 wieder vergewaltigt wurde, habe ich es nur meinem Tagebuch erzählt.“

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

US-Senat will Christine Blasey Ford anhören

Der Justizausschuss will Christine Blasey Ford zu ihren Anschuldigungen anhören – allerdings in einem sehr engen Zeitrahmen. Nach dem Willen der Republikaner soll Brett Kavanaugh schnell bestätigt werden, damit die Personalie vor den Kongresswahlen im November als Erfolg der Konservativen verkauft werden kann.

Die Anwälte Fords haben sich allerdings weiter Bedenkzeit erbeten. Eine Anwältin der Frau schilderte in Interviews, dass ihre Mandantin Morddrohungen erhalten habe, seit sie die Vorwürfe erhoben habe. Der Justizausschuss des US-Senates entsprach der Bitte. „Ich möchte sie anhören“, schrieb der Vorsitzende des Ausschusses, Chuck Grassley, in der Nacht zu Samstag auf Twitter.

Ausgewachsene parteipolitische Schlammschlacht in Washington

Die Vorwürfe gegen Kavanaugh sind inzwischen Gegenstand einer ausgewachsenen parteipolitischen Schlammschlacht in Washington geworden. Die Demokraten sehen eine Chance, Kavanaughs Nominierung hinauszuzögern, bis sich nach der Zwischenwahl am 6. November möglicherweise die Mehrheitsverhältnisse im Senat ändern und der erzkonservative Richter verhindert werden könnte.

US-Medien berichteten, Trumps Umfeld im Weißen Haus habe den Präsidenten zuvor sehr zu Zurückhaltung in dem heiklen Fall gedrängt, um vor der Wahl nicht weibliche Wähler zu verschrecken oder in den eigenen Reihen der Republikaner für Unmut zu sorgen.

Der US-Präsident dagegen warf den oppositionellen Demokraten erneut vor, sie nutzten Fords Vorwürfe, um Kavanaughs Berufung zu verzögern. Er sprach in einem weiteren Tweet von „linksradikalen Politikern“, die keine Antworten wollten, sondern nur verzögern und Unheil anrichten.

Die Ernennung des Supreme-Court-Richters ist in den USA ein großes Politikum. Die Nachbesetzung mit Kavanaugh könnte dem obersten Gericht – höchste Instanz in vielen relevanten gesellschaftlichen Fragen – auf viele Jahre eine konservative Mehrheit geben.