Straßburg. EU-Kommissionespräsident Jean-Claude Juncker will die EU auf die Weltbühne bringen. Seine wichtigsten Programmpunkte stellte er vor.

Europa muss in der Weltpolitik nach dem Willen der EU-Kommission eine größere Rolle spielen als bisher. „Es ist an der Zeit, dass Europa zum souveränen Akteur auf der Weltbühne wird“, sagte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in seiner Rede zur Lage der Union in Straßburg. Die EU müsse „Weltpolitikfähigkeit“ entwickeln – und dazu auch in der Außen- und Sicherheitspolitik den Zwang zu einstimmigen Entscheidungen der Mitgliedstaaten aufheben. Vor dem EU-Parlament stellte Juncker ein Bündel konkreter Vorhaben und Forderungen vor.

Flüchtlingspolitik Die Zahl der Beamten der Grenz- und Küstenwache der EU soll bis 2020 von 1500 auf 10.000 aufgestockt werden. Die Truppe soll auch Waffen und mehr Befugnisse erhalten. EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos sagte unserer Redaktion, die Grenz- und Küstenwache solle die Mitgliedstaaten mit deren Einverständnis nur unterstützen, diese blieben weiter für Grenzschutz und Rückführung von Flüchtlingen zuständig.

Der EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos.
Der EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos. © Getty Images | Andreas Gebert

Aber: „Wir erwarten und verlangen von ihnen, dass sie kooperieren.“ Avramopoulos mahnte, die Verstärkung müsse einhergehen mit einem Ende der Binnengrenz-Kontrollen im Schengenraum „so bald wie möglich“ – also auch der Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze. „Wir haben den Weg für einen maximalen Schutz und die Kontrolle der Außengrenzen geebnet“, sagte der EU-Kommissar. Schengen sei eine der größten Errungenschaften der europäischen Integration.

Rechtsstaat Juncker äußerte sich besorgt über die Entwicklung der Rechtsstaatlichkeit in einigen EU-Ländern. Dem werde sich die Kommission entschieden entgegenstellen. Dem folgte auch das Parlament: Die Abgeordneten stimmten mit einer Zweidrittelmehrheit dafür, ein Strafverfahren gegen Ungarn wegen Rechtsstaatsverstößen einzuleiten,das im äußersten Fall zum Entzug der Stimmrechte im Ministerrat führen könnte. Grundlage des Votums ist ein Bericht im Auftrag des Parlaments, der besagt, unter der Regierung des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orbán herrsche eine „systemische Bedrohung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte in Ungarn“.

Afrika Eine neue Afrika-Europa-Allianz soll Investitionen in Afrika um ein Viertel erhöhen und mehr Jobs schaffen.

Schutz im Internet Internetplattformen werden verpflichtet, Terrorinhalte innerhalb von einer Stunde zu löschen. EU-Sicherheitskommissar Julian King sagte unserer Redaktion: „Der potenzielle Schaden, der durch terroristische Inhalte verursacht wird, steigt dramatisch mit jeder Stunde, in der sie online bleiben, sich verbreiten und gefährdete, oft junge Menschen radikalisieren.“ Bei systematischer Verstößen drohen drakonische Strafen – bis zu vier Prozent des weltweiten Umsatzes, sagte King.

Euro Die Kommission startet eine Initiative um die internationale Bedeutung des Euro zu stärken. „Der Euro muss Gesicht und Werkzeug der neuen europäischen Souveränität werden“, sagte Juncker. Öleinfuhren müssten nicht in Dollar bezahlt werden.