Catania. Seit Montag liegt das Rettungsschiff „Diciotti“ im Hafen von Sizilien. Mehrere Flüchtlinge könnten nun mit Tuberkulose infiziert sein.

An Bord des Rettungsschiffs „Diciotti“ im italienischen Hafen Catania hat es unter den mehr als hundert Migranten mehrere Tuberkulose-Verdachtsfälle gegeben. Nach einer Anordnung der Gesundheitsbehörde verließen am Samstag zwölf von ihnen das Schiff, wie mehrere Medien übereinstimmend berichteten.

Zunächst war von 16 Menschen die Rede gewesen, die von Bord gegangen seien. Allerdings hätten sich einige Frauen geweigert, weil sie sonst Verwandte hätten zurücklassen müssen, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa.

Ansa berichtete von zwei Verdachtsfällen der ansteckenden Infektionskrankheit. Wie dpa aus verlässlicher Quelle erfuhr, waren es aber mehr. Zahlreiche Migranten leiden außerdem an Krätze, eine durch Milben verursachte Hautkrankheit.

Italien will Migranten nur unter Bedingungen an Land lassen

Nach ergebnislosen Beratungen der EU über die Verteilung von aus Seenot geborgenen Migranten am Freitag in Brüssel ging die Hängepartie für den Großteil der insgesamt 190 am 16. August geretteten Menschen auf dem Schiff in Catania zunächst weiter.

Die Regierung in Rom fährt einen strikten Anti-Migrationskurs. Sie will im Mittelmeer gerettete Migranten nur noch an Land lassen, wenn ihre Aufnahme in der EU vorab geklärt ist.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Samstag am Rande eines Besuchs in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku, die Gespräche über die Verteilung von Flüchtlingen, die gerade in Brüssel stattfinden, seien „alles andere als einfach“.

Unterdessen zeigte sich Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) „sehr zuversichtlich“, bald eine Vereinbarung mit Rom über die Rücknahme von Asylbewerbern zu treffen. Allerdings fordert Italien auch hier Zugeständnisse bei den aus Seenot geretteten Migranten.

Innenminister Matteo Salvini erwarte als Gegenleistung für die Rücknahme von Asylbewerbern an der deutsch-österreichischen Grenze, die bereits in Italien einen Antrag gestellt haben, „dass man in etwa vergleichbarer Größenordnung sich an der Seenotrettung beteiligt als Bundesrepublik Deutschland“, sagte Seehofer bei einem Termin mit Bürgern in Berlin.

Am Samstagabend wurde bekannt, dass die Migranten das Rettungsschiff verlassen können. Um den Großteil der Menschen werde sich die italienische katholische Kirche kümmern, sagte Salvini am Samstagabend bei einem Auftritt in Pinzolo. Einige der Migranten nehmen Albanien und Irland auf.

Papst fordert langfristige Lösung

Italien verhandelte unterdessen auch mit Ländern außerhalb der EU über die Verteilung der Migranten. Das Außenministerium in Rom erklärte am Abend auf Twitter, Beitrittskandidat Albanien habe sich bereit erklärt, 20 Menschen aufzunehmen.

Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen forderte die EU-Staaten auf, sich auf Grundwerte wie Solidarität und die Menschenrechte zu besinnen. „Es ist an der Zeit, dem Schlagabtausch ein Ende zu setzen“, sagte UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi laut Mitteilung.

Auch Papst Franziskus schaltete sich von Irland aus ein und verlangte eine Lösung, die „weit über kurzfristige politische Entscheidungen hinausgehend Weisheit, Weitblick und humanitäre Fürsorge erfordert“. Die „massive Migrationskrise“ werde nicht von alleine aufhören, sagte der Pontifex in Dublin.

Hygienische Zustände sind bedenklich

Die in Catania festsitzenden Migranten waren bereits am 16. August im Mittelmeer von der italienischen Küstenwache aufgenommen worden. Kurz nach der Rettung wurden 13 Migranten zur medizinischen Versorgung nach Lampedusa gebracht. Seit Montag liegt das Schiff in dem sizilianischen Hafen. Mittwochabend durften 27 Minderjährige von Bord gehen.

Schon vor Bekanntwerden der Tuberkulose-Verdachtsfälle hatten Medien über bedenkliche hygienische Zustände auf dem Schiff berichtet. Demzufolge gibt es nur zwei Bäder für die Vielzahl an Menschen.

Tuberkulose ist dem Robert Koch Institut zufolge auch heute noch weltweit die bakterielle Infektionskrankheit, die am häufigsten zum Tode führt – und das, obwohl sie behandelbar ist. Ansteckend sind Menschen, bei denen der Krankheitsherd Anschluss an die Luftwege hat. Bakterien werden dann durch Husten und Niesen freigesetzt. (dpa)