Antisemitismus ist eine Gefahr für unsere Demokratie
•
Lesezeit: 3 Minuten
Von Diana Zinkler
Berlin. Die Zahl der antisemitischen Vorfälle steigt – besonders in den ostdeutschen Bundesländern. Allen Demokraten kann das kaum gefallen.
11.500 Zuschauer in der Mercedes-Benz Arena, ein Weltstar auf der Bühne. Seine Hits sind Meilensteine der Rockgeschichte. Das Lied „Dark Side Of The Moon“ aus dem Jahr 1973 erhob die Musiker von Pink Floyd in die Riege der Megastars. Band-Mitbegründer Roger Waters legte im Juni dieses Jahres ein bombastisches Konzert in Berlin hin. Und reicherte es mit allerlei Israel-Kritik an. Er ist einer der prominentesten Unterstützer der weltweiten Israel-Boykott-Kampagne BDS.
Bei seinem Auftritt zeigte er deutlich, was wieder einmal neue Zahlen belegen: Antisemitismus ist Alltag und geht durch alle sozialen Schichten.
Man darf Israel Politik kritisieren, aber nicht alle Israelis
Man darf natürlich Israel kritisieren, seine Politik, seine Rolle im Nahost-Konflikt, seinen Regierungschef. Aber Waters und die BDS-Bewegung geben Israel allein die Schuld am Konflikt mit den Palästinensern und rufen zum Boykott gegen Israel auf.
So wie Waters, der an seine Fans appellierte, nicht an dem heute in Berlin beginnenden Pop-Kultur-Festival teilzunehmen. Nur weil die israelische Botschaft die Veranstaltung mit 1200 Euro fördert. So ein Boykott soll vielleicht die Politik des Landes meinen, trifft aber alle Israelis. Dämonisiert alles, was aus Israel kommt, ob nun Kultur, Menschen oder Produkte. Und hiermit handelt es sich um eindeutigen Antisemitismus.
In Berlin wird jede siebte antisemititische Straftat in Deutschland gemeldet, ein Armutszeugnis für die Hauptstadt. In Thüringen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt ereignen sich doppelt so viele antisemitische Vorfälle wie im Bundesdurchschnitt. Es geht um Angriffe, Gewalt und verbale Attacken. Aussagen wie die von Superstar Waters fördern so ein israelfeindliches Klima. Bereiten den Boden für krassere Aussagen, schlimmere Vergleiche und für Gewalt. Es hängt alles zusammen.
Mit Sprachverrohungen fängt alles an
Es herrscht derzeit die schon viel besprochene Stimmung des „Das wird man doch noch mal sagen dürfen“. Doch dieses „Sagen dürfen“ geht immer weiter. Auf jeden Tabubruch folgt der nächste. Mit Sprachverrohungen fängt alles an. Die Diffamierung, die Delegitimierung eines Staates, der Übergriff auf seine Bürger, die Dämonisierung einer Minderheit.
So freute sich Bundesinnenminister Horst Seehofer jüngst öffentlich darüber, dass an seinem 69. Geburtstag tatsächlich 69 Flüchtlinge abgeschoben wurden. Was für ein schönes Geschenk! Das hat er mit seiner Aussage vor allem jenen gemacht, die sich regelmäßig abfällig über andere äußern und so den öffentlichen Diskurs befeuern.
Denn der Bundesinnenminister setzt Maßstäbe. Auch darin, was sich eine Gesellschaft traut auszusprechen. Ob es sich dabei um die Diffamierung von Flüchtlingen, Schwarzen, Muslimen, Homosexuellen oder eben Juden handelt, macht dabei keinen Unterschied.
Porträts von Holocaust-Überlebenden
1/17
Für Merkel ist Umgang mit Minderheiten entscheidend
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat 2012 in ihrer Rede zur Verleihung des Heinz-Galinski-Preises gesagt: „Am Umgang mit Minderheiten entscheidet sich die Menschlichkeit einer Gesellschaft.“ Und nicht nur das, die Entfaltungsfreiheit religiöser und kultureller Minderheiten und die Akzeptanz der Bevölkerung für die empfundene Andersartigkeit seien Gradmesser für den Zustand der Demokratie eines Landes – sie zitierte dabei Deidre Berger, Direktorin des American Jewish Committee in Berlin, und den Holocaust-Überlebenden Heinz Galinski, der über die Demokratie gesagt hat: „Sie muss täglich erkämpft und verteidigt werden.“
Genau dazu ist und bleibe jeder in unserem Land aufgerufen. Auch 2018 hat sich daran nichts geändert.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
Hinter den Kulissen der Politik - meinungsstark, exklusiv, relevant.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der
Werbevereinbarung
zu.