Bonn. Wirtschaftsminister Altmaier will neue Stromleitungen zur Chefsache machen. Ein Gipfeltreffen mit den Ländern gibt es im September.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will den im Rahmen der Energiewende geplanten Ausbau der Stromnetze beschleunigen und zur Chefsache machen. „Wir haben beim Netzausbau nicht mehr viel Zeit. Die Stunde der Wahrheit ist gekommen“, sagte Altmaier beim Besuch der Bundesnetzagentur in Bonn.

Der Minister will seine Kollegen aus den Bundesländern am 20. September zu einem „Netzgipfel“ einladen. Dabei soll besprochen werden, wie die dringend benötigten neuen Stromleitungen schneller als bisher gebaut werden können. Man sei hier „katastrophal in Verzug“ geraten, sagte Altmaier.

Der Minister kündigte einen „Aktionsplan Stromnetz“ und ein „Netzausbaubeschleunigungsgesetz“ an. Beide sollen den Bau der Leitungen vorantreiben. Das Gesetz soll dafür konkrete Ziele enthalten: „Meine Erfolgsquote bemisst sich an den gebauten Kilometern“, sagte Altmaier.

Immer mehr Öko-Strom soll fließen

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). © dpa | Jörg Carstensen

Der Aktionsplan sieht zum einen vor, den Bau neuer Leitungen zu beschleunigen. Für jedes Vorhaben soll es künftig ein vorausschauendes Controlling geben mit regelmäßigen Treffen der Beteiligten. Daneben sollen Planungsverfahren kürzer und das Vorschlagsrecht der Länder für Alternativplanungen beschränkt werden. Zum anderen sollen die bestehenden Stromnetze optimiert und höher ausgelastet werden.

Hintergrund für die Aktivitäten Altmaiers ist der Plan, dass immer mehr Strom aus erneuerbaren Energien produziert werden soll. Bis zum Jahr 2030 soll dieser Anteil auf 65 Prozent wachsen – gegenwärtig sind es 36 Prozent. Gleichzeitig soll in vier Jahren das letzte deutsche Atomkraftwerk vom Netz gehen.

Bis jetzt aber ist das deutsche Stromnetz nicht ausreichend darauf vorbereitet. Nach aktuellen Zahlen der Bundesnetzagentur sind von erforderlichen 7700 Kilometern beim Netzausbau im Zuge der Energiewende derzeit 1750 Kilometer genehmigt und nur 950 realisiert. Das liegt zum Teil auch am Widerstand betroffener Bürger.

Altmaier will steigenden Kosten entgegenwirken

Konkret führt dies dazu, dass der aus Windkraft in Norddeutschland erzeugte Strom noch nicht in der gewünschten Menge nach Süden transportiert werden kann. Wird im Norden zu viel Windenergie produziert, müssen die Anlagen dort abgeschaltet werden. Der Strombedarf im Süden wird dann von konventionellen Kraftwerken gedeckt.

Experten erwarten, dass diese Kosten, die bereits jetzt mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr betragen, weiter steigen werden. Auch dies will Atmaier verhindern: „Wir brauchen bezahlbaren Strom für alle“, sagte er.

Der Minister kündigte an, in den nächsten Monaten mit den Landesregierungen, den Netzbetreibern und Bürgern zu sprechen. Sein Ziel sei es, einen „gesellschaftspolitischer Konsens“ über den Ausbau des Stromnetzes herzustellen. Dies müsse eine „Gemeinschaftsanstrengung“ werden. „Das Thema war bisher nie Chefsache des zuständigen Ministers. Das hat dazu geführt, dass sich viele Verantwortliche vor Ort im Stich gelassen fühlten“, sagte Altmaier.