Paris. Ein Leibwächter von Emmanuel Macron hat sich als Polizist ausgegeben und Demonstranten angegangen. Der Vorfall wird zu einem Skandal.

Es ist die Geschichte einer steilen Karriere und eines Absturzes, die dieser Tage in Frankreich hohe Wellen schlägt. Eigentlich hatte Alexandre Benalla, Leibwächter von Präsident Emmanuel Macron und stellvertretender Chef des Präsidialkabinetts, am Sonnabend seine Hochzeit feiern wollen. Doch einen Tag zuvor war der 26-jährige Franzose nordafrikanischer Abstammung in Polizeigewahrsam genommen worden. Das Verhör gipfelte in einer Anklageerhebung wegen Gewalttätigkeit und Amtsanmaßung.

Benalla wird vor Gericht gestellt, weil er bei einem Polizeieinsatz am 1. Mai im Pariser Studentenviertel Quartier Latin mit großer Härte gegen zwei Demonstranten vorging, obwohl er nur als Beobachter vor Ort war und nicht über die Befugnisse eines Ordnungshüters verfügte.

Der Vorfall war kürzlich dank eines Berichts der Zeitung „Le Monde“ publik geworden, die Benalla auf in den sozialen Netzwerken zirkulierenden Videos über die heftigen Ausschreitungen bei der Mai-Demonstration identifiziert hatte. Die Bilder zeigen, wie der mit Helm und Polizeibinde ausgerüstete Benalla unter anderem einen Demonstranten brutal auf den Boden wirft. Das Vergehen mag vor dem Hintergrund der vielen gewalttätigen Zwischenfälle an diesem Tag geringfügig erscheinen. Aber um ein Vergehen handelt es sich zweifelsfrei, und weil die Medien den Verdacht hegen, dass der Élysée-Palast das Fehlverhalten des Leibwächters vertuschen wollte, wurde aus dem Skandälchen ein Skandal.

Sturm der Entrüstung über Macrons Leibwächter hält an

Obwohl die Justiz inzwischen Ermittlungsverfahren einleitete, will sich die Entrüstung nicht legen. Zwar beteuerte Innenminister Gérard Collomb am Montag vor dem Untersuchungsausschuss, dass es in der „Affäre Benalla“ keinen Vertuschungsversuch gegeben habe.

Aber den Vorwurf, dass der sonst so strenge Präsident bei einem seiner engsten Mitarbeiter viel zu viel Nachsicht an den Tag legte, konnte er nicht ausräumen. Denn mittlerweile ist bekannt, dass Macron seinen Leibwächter sehr schätzte. Benalla stammt aus einfachen Verhältnissen, studierte Jura, erkämpfte sich einen Job im Ordnungsdienst der Sozialistischen Partei und gründete eine Sicherheitsfirma.

Macron schätzt solche Zielstrebigkeit und übernahm Benalla während des Präsidentenwahlkampfs als Personenschützer. Später wurde Benalla zum Leibwächter des Präsidenten und zu dessen Sicherheitsberater. Und Macron hat wohl zu lange gewartet, bevor er sich zu einer Reaktion durchrang. Erst nach der Anklageerhebung gegen Benalla am Sonntagabend ließ er sein Umfeld wissen, dass er die seinem Ex-Leibwächter zu Last gelegten Taten als „inakzeptabel“ ansehe und es daher keine Straffreiheit geben werde.