Bochum. Laut einem Bericht hätte die Abschiebung von Sami A. abgebrochen werden können. Die Bundespolizei widerspricht damit der NRW-Regierung.

Die Abschiebung des islamistischen Gefährders Sami A. hätte nach Angaben der Bundespolizei noch gestoppt werden können. Das berichtet die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung in ihrer aktuellen Ausgabe. Das Gelsenkirchener Verwaltungsgericht hatte vor der Übergabe des Mannes an die örtlichen Behörden die Abschiebung für unzulässig erklärt. Weder die Ausländerbehörde Bochum noch der verantwortliche Landesminister hätten in die Abschiebung eingegriffen.

Das widerspricht der Position des Landes Nordrhein-Westfalen. NRW-Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) hatte am Freitag im Düsseldorfer Landtag betont: „Die rechtlichen Voraussetzungen für die Abschiebung lagen vollständig vor. Hätte es einen Hinweis auf möglicherweise entgegenstehende gerichtliche Entscheidungen gegeben, wäre es nicht zur Rückführung von Sami A. gekommen.“

Bundespolizei: Pilot hätte Sami A. zurückzufliegen können

Stamp hatte während der Anhörung erklärt, er habe kurz vor 9 Uhr von dem Abschiebeverbot erfahren: „Ich bin davon ausgegangen, dass es keine Möglichkeit mehr gibt, das aufzuhalten.“ Es sei nicht darum gegangen, das Gericht zu überlisten. Das Flugzeug landete jedoch nach Angaben der Bundespolizei erst um 9.08 Uhr, übergeben wurde der Tunesier demnach um 9.14 Uhr. Der Pilot hätte per Funk aufgefordert werden können, aufzutanken und mit Sami A. zurückzufliegen. Statt die Situation zu prüfen, habe der Minister beschlossen, ein Pressegespräch zu einem anderen Thema zu führen.

NRW-Minister stellt sich hinter Abschiebung von Sami A.

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    Der Sprecher des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen, Wolfgang Thewes, sagte der F.A.S.: „Wenn eine Behörde meint, eine Abschiebung vollziehen zu müssen, obwohl noch eine Gerichtsentscheidung aussteht, muss sie in der Lage sein, die Abschiebung jederzeit abzubrechen – auch wenn ein Flugzeug schon unterwegs ist.“

    Verwaltungsgericht hatte Abschiebung als unzulässig erklärt

    Der mutmaßliche Ex-Leibwächter des getöteten Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden war am Freitag vergangener Woche nach Tunesien abgeschoben worden, obwohl das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen zuvor entschieden hatte, dass dies nicht zulässig sei. Der Beschluss war allerdings erst übermittelt worden, nachdem Sami A. bereits auf dem Weg nach Tunesien war. Die nicht unterrichteten Gelsenkirchener Richter hatten die Aktion als „grob rechtswidrig“ gerügt und verlangt, Sami A, zurückzuholen. Dagegen wehrt sich wiederum die Stadt Bochum.

    Stamp hatte eingeräumt, dass er alle Anstrengungen unternommen habe, um nach jahrelangen Rechtsverfahren endlich die Voraussetzungen zu schaffen, Sami A. „zügig und diskret“ abzuschieben. „Zum Zeitpunkt der Abschiebung standen dem keine Ausreiseverbote entgegen“, sagte Stamp.

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      Hilfreich sei allerdings gewesen, dass die Anwälte von Sami A. die rechtlichen Möglichkeiten nicht ausgeschöpft und keine einstweilige Anordnung gegen die Abschiebung beantragt hätten. „Wir wussten nicht, ob und wann das Gericht den Fall prüfen würde“, sagte eine Rechtsexpertin des Flüchtlingsministeriums. „Das ist sehr unglücklich gelaufen, dass wir diese Informationen nicht hatten“, sagte Stamp.

      Sami A. war 1997 nach Deutschland eingereist

      Unter Bezug auf frühere Gerichtsurteile und den Verfassungsschutz betonte Stamp die Gefährlichkeit von Sami A. und den daraus resultierenden Handlungsdruck. Das Oberverwaltungsgericht habe es in einem Urteil von 2015 als erwiesen angesehen, dass Sami A. eine militärische Ausbildung in der Terrororganisation Al Kaida in Afghanistan erhalten und zeitweilig der Leibgarde des 2011 getöteten Al-Kaida-Anführers Osama bin Laden angehört habe.

      „Sami A. hat gegenüber einer Zeugin gesagt, Deutschland werde Blut weinen, wenn er abgeschoben werde“, berichtete Stamp. Er sei froh gewesen, den Mann, der schon 1997 nach Deutschland eingereist war und seitdem zahllose Gerichte beschäftigt hat, abschieben zu können. „Nordrhein-Westfalen ist sicherer geworden.“ (red/dpa)

      Dieser Text erschien zuerst auf waz.de.