Washington. Donald Trump macht rege Gebrauch von der Möglichkeit, Verbrecher zu begnadigen. Doch seine Auswahl der Begünstigten sorgt für Kritik.

In der Fernsehshow „The Apprentice“ machte Donald Trump den Spruch „Du bist gefeuert!“ zu seinem Markenzeichen. Als Präsident der Vereinigten Staaten erscheint dem New Yorker Geschäftsmann eine Alternative reizvoller: „Du bist begnadigt!“.

Rund 30 Namen sollen auf einer Liste stehen, die Trump von seinen Stäben angefordert hat, heißt es in Regierungskreisen. Das präsidiale „Pardon“, das Recht, nahezu jedem Menschen Strafverschonung zu gewähren, sei sein „neues Ding“. Hier kann der Präsident, der sich vor allem durch die Russland-Affäre und Sonder-Ermittler Robert Mueller an die Kette gelegt fühlt, nach Gutdünken schalten und walten. Selbst dann, wenn ihm im Fall von Alice Marie Johnson davon abgeraten wird.

Gegen die am Mittwochabend verfügte Entlassung der wegen Kokain-Handels und Geldwäsche zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilten und bereits seit 21 Jahren inhaftiert gewesenen Afro-Amerikanerin (63) hatten sich laut „Washington Post“ sowohl Stabschef John Kelly als auch Don McGahn, Chef-Justiziar des Weißen Hauses, ausgesprochen. Vorher hatte bereits das Justizministerium unter Vorgänger-Präsident Barack Obama drei Mal abgelehnt.

Kim Kardashian setzte sich für Alice Marie Johnson ein

Dass sich Trump, der gerade gegen Drogendealer eine knallharte Linie propagiert, ausgerechnet der Ur-Großmutter aus Alabama erbarmte, hängt eng mit einer prominenten Fürsprecherin zusammen. Show-Sternchen Kim Kardashian, deren Mann und Star-Rapper Kanye West ein Anhänger des Präsidenten ist, hatte sich vor wenigen Tagen bei einer inszenierten Visite im Weißen Haus für die als „Muster-Häftling“ bezeichnete Johnson eingesetzt.

Das sind die Kardashians und Jenners

Kris Jenner ist die Mutter des Kardashian-/Jenner-Clans und Motor des erstaunlichen Erfolgs der Familie. Die vier Kinder Kim, Rob, Kourtney und Khloe stammen aus der geschiedenen Ehe mit Robert Kardashian.
Kris Jenner ist die Mutter des Kardashian-/Jenner-Clans und Motor des erstaunlichen Erfolgs der Familie. Die vier Kinder Kim, Rob, Kourtney und Khloe stammen aus der geschiedenen Ehe mit Robert Kardashian. © dpa | Sebastien Nogier
Die beiden Schwestern Kendall und Kylie stammen von ihrem Ex-Mann Bruce Jenner. Er war in zweiter Ehe mit Schauspielerin Linda Thompson verheiratet.
Die beiden Schwestern Kendall und Kylie stammen von ihrem Ex-Mann Bruce Jenner. Er war in zweiter Ehe mit Schauspielerin Linda Thompson verheiratet. © dpa | Jason Szenes
Bruce Jenner holte 1976 in Montreal Olympisches Gold im Zehnkampf. In den 1980ern fing Jenner den Prozess der Geschlechtsangleichung an. Doch für Kris Jenner brach er den Prozess damals vorübergehend ab.
Bruce Jenner holte 1976 in Montreal Olympisches Gold im Zehnkampf. In den 1980ern fing Jenner den Prozess der Geschlechtsangleichung an. Doch für Kris Jenner brach er den Prozess damals vorübergehend ab. © imago | Sven Simon
Seit 2015 lebt Jenner jedoch öffentlich als Frau und hört auf den Vornamen Caitlyn.
Seit 2015 lebt Jenner jedoch öffentlich als Frau und hört auf den Vornamen Caitlyn. © dpa | Jason Szenes
Brody Jenner ist der bekannteste Spross von Bruce Jenner. Mutter ist allerdings nicht Kris Jenner, sondern die Schauspielerin Linda Thompson. Er wurde durch mehrere Reality-TV-Formate bekannt. Auch seine Beziehung zu Sängerin Avril Lavigne brachte ihm mediale Aufmerksamkeit.
Brody Jenner ist der bekannteste Spross von Bruce Jenner. Mutter ist allerdings nicht Kris Jenner, sondern die Schauspielerin Linda Thompson. Er wurde durch mehrere Reality-TV-Formate bekannt. Auch seine Beziehung zu Sängerin Avril Lavigne brachte ihm mediale Aufmerksamkeit. © dpa | Soeren Stache
Medien-Profi, Reality-TV-Star, Kurvenwunder: Kim Kardashian ist wohl die bekannteste Figur inmitten des Clans. Freundin Paris Hilton verschaffte ihr durch gemeinsames Schreiten auf dem roten Teppich eine frühe Prominenz.
Medien-Profi, Reality-TV-Star, Kurvenwunder: Kim Kardashian ist wohl die bekannteste Figur inmitten des Clans. Freundin Paris Hilton verschaffte ihr durch gemeinsames Schreiten auf dem roten Teppich eine frühe Prominenz. © dpa | Sebastien Nogier
Aber auch die Heirat mit dem amerikanischen Rap-Superstar Kanye West brachte ihr einen hohen Bekanntheitsgrad ein. Die beiden sind Eltern von drei Kinder. Die jüngste Tochter wurde im Januar 2017 von einer Leihmutter ausgetragen.
Aber auch die Heirat mit dem amerikanischen Rap-Superstar Kanye West brachte ihr einen hohen Bekanntheitsgrad ein. Die beiden sind Eltern von drei Kinder. Die jüngste Tochter wurde im Januar 2017 von einer Leihmutter ausgetragen. © dpa | Justin Lane
Kourtney Kardashian ist die älteste Tochter von Kris Jenner und dem verstorbenen Robert Kardashian. Sie hat mit dem Reality-TV-Darsteller Scott Disick drei Kinder. Das Paar trennte sich im Sommer 2015. Gemeinsam mit ihren zwei Schwestern Kim und Khloé betreibt sie einige Mode-Labels.
Kourtney Kardashian ist die älteste Tochter von Kris Jenner und dem verstorbenen Robert Kardashian. Sie hat mit dem Reality-TV-Darsteller Scott Disick drei Kinder. Das Paar trennte sich im Sommer 2015. Gemeinsam mit ihren zwei Schwestern Kim und Khloé betreibt sie einige Mode-Labels. © dpa | Hubert Boesl
Khloe ist die Dritte im Bunde der Kardashian-Schwestern. Auch sie wurde durch ihr Mitwirken an der Familien-Reality-Soap „Keeping Up with the Kardashians“ einem breiten Publikum bekannt. Außerdem erregte ihre Heirat und auch Trennung von Basketballspieler Lamar Odom Aufsehen.
Khloe ist die Dritte im Bunde der Kardashian-Schwestern. Auch sie wurde durch ihr Mitwirken an der Familien-Reality-Soap „Keeping Up with the Kardashians“ einem breiten Publikum bekannt. Außerdem erregte ihre Heirat und auch Trennung von Basketballspieler Lamar Odom Aufsehen. © dpa | Tracey Nearmy
Kendall Jenner ist nicht nur die Tochter von Kris und Caitlyn, sondern auch eines der begehrtesten Topmodels der Welt und Cover-Star der ikonischen September-Ausgabe der US-Vogue.
Kendall Jenner ist nicht nur die Tochter von Kris und Caitlyn, sondern auch eines der begehrtesten Topmodels der Welt und Cover-Star der ikonischen September-Ausgabe der US-Vogue. © dpa | Sebastien Nogier
Im New Yorker Stadtteil Soho war sie bereits in Calvin-Klein-Unterwäsche zu bestaunen.
Im New Yorker Stadtteil Soho war sie bereits in Calvin-Klein-Unterwäsche zu bestaunen. © imago | Levine-Roberts
Und auch Schwester Kylie fliegt auf Erfolgskurs. Die schöne Instagram-Queen (sie hat mehr als 75 Millionen Fans) betreibt eine eigene Mode- und Kosmetiklinie. Mit Rapper Tyga (Foto) ist das Kardashian-Küken nicht mehr zusammen.
Und auch Schwester Kylie fliegt auf Erfolgskurs. Die schöne Instagram-Queen (sie hat mehr als 75 Millionen Fans) betreibt eine eigene Mode- und Kosmetiklinie. Mit Rapper Tyga (Foto) ist das Kardashian-Küken nicht mehr zusammen. © dpa | Peter Foley
US-Rapper Travis Scott („Champions“) ist der Mann an ihrer Seite. Die gemeinsame Tochter wurde am 1. Februar geboren. Es ist das erste Kind von Kims Halbschwester.
US-Rapper Travis Scott („Champions“) ist der Mann an ihrer Seite. Die gemeinsame Tochter wurde am 1. Februar geboren. Es ist das erste Kind von Kims Halbschwester. © imago/CHROMORANGE | CHROMORANGE / Stefan Craemer
Tyga wiederum hat ein gemeinsames Kind mit Blac Chyna. Und die hat inzwischen ein Kind von Rob Kardashian – dem Bruder der Kardashian-Schwestern und somit der Halbbruder von Kylie Jenner (die – jetzt wird es doch etwas kompliziert – ja mit Tyga zusammen war).
Tyga wiederum hat ein gemeinsames Kind mit Blac Chyna. Und die hat inzwischen ein Kind von Rob Kardashian – dem Bruder der Kardashian-Schwestern und somit der Halbbruder von Kylie Jenner (die – jetzt wird es doch etwas kompliziert – ja mit Tyga zusammen war). © imago | ZUMA Press
Rob Kardashian ist im Vergleich zu seinen berühmten Schwestern weniger erfolgreich. Er betreibt eine eigene Socken-Linie und taucht regelmäßig in Reality-Shows auf. 2011 machte er bei „Dancing With The Stars“ mit.
Rob Kardashian ist im Vergleich zu seinen berühmten Schwestern weniger erfolgreich. Er betreibt eine eigene Socken-Linie und taucht regelmäßig in Reality-Shows auf. 2011 machte er bei „Dancing With The Stars“ mit. © REUTERS | REUTERS / STEVE MARCUS
1/15

Ihr Tenor: Die alte Frau habe eine „zweite Chance verdient“. Auch Trumps Schwiegersohn und Berater Jared Kushner, der mit der Entwicklung einer Reform des Strafvollzugs beauftragt ist, hatte Johnson unterstützt.

Dabei wurde der normale Dienstweg ignoriert. Im Justizministerium behandelt eine Sonder-Abteilung derzeit rund 10.000 Gnadengesuche. Die Akten werden jahrelang rigoros geprüft. Nur ein kleiner Prozentsatz wird dem Präsidenten mit positiver Empfehlung vorgelegt.

Für Kritiker Trumps ist einmal mehr erwiesen, dass der Präsident sein Begnadigungsrecht nach „persönlichen Vorlieben“ ausrichtet, hieß es im US-Fernsehen, oder nach „politischen Nützlichkeitserwägungen“. Zuvor hatte Trump bereits Joe Arpaio begnadigt. Der als Rassist bekannte Sheriff aus Arizona, in Law-and-Order-Kreisen ein Held, war verurteilt worden, weil er trotz richterlichen Verbots bei Verkehrskontrollen selektiv Latinos herausgreifen ließ, um festzustellen, ob sie legal im Land sind.

Trump begnadigte auch Verschwörungstheoretiker

Auch bei Lewis „Scooter“ Libby, einst Stabschef von Vize-Präsident Dick Cheney zu Zeiten von George W. Bush, bekam Trump Beifall aus dem rechten Lager, während Demokraten und linke Juristen aufheulten. Libby war wegen Meineids in der Affäre um die illegale Enttarnung einer CIA-Agentin verurteilt worden, musste aber nie ins Gefängnis. Trump, der Libby „unfair“ behandelt sieht, bereinigte mit der Begnadigung nachträglich seine Akte. Erst in der vergangenen Woche macht Trump den Rücken breit für Dinesh D’Souza. Der bekennende Obama-Hasser und in rechten Kreisen verehrte Verschwörungstheoretiker hatte über Strohmänner gegen Wahlkampffinanzierungsgesetze verstoßen und war zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Trump fand das „ungerecht“ und begnadigte ihn ebenfalls.

Die nächsten Kandidaten für einen präsidialen Gnadenakt könnten Rod Blagojevich und Martha Stewart sein. Der frühere demokratische Gouverneur von Illinois verbüßt eine 14-jährige Haftstrafe, weil er einst den Senatssitz des späteren Präsidenten Barack Obama „verkaufen“ wollte. Seine Frau, Patti Blagojevich, begab sich eigens in Trumps Haus-Sender Fox News und warb beinahe unter Tränen für Haftverschonung. Martha Stewart, einst landesweit bekannte Fernsehköchin, ließ sich bei Insiderhandel-Geschäften erwischen. Beide kennt Trump auch aus seiner Zeit als TV-Moderator.

Abgesehen von der Versuchung, sich mit einsamen Entscheidungen über die Justiz zu stellen, sehen politische Kommentatoren in Washington noch ein anderes Signal in Trumps inflationärer Begnadigungswelle: die Russland-Ermittlungen von Ex-FBI-Chef Robert Mueller. Zeugen, Verdächtige und Angeklagte, etwa Trumps Anwalt Michael Cohen, Trumps frühere Sicherheitsberater Michael Flynn oder Trumps Wahlkampf-Chef Paul Mannafort, könnten noch vor einer eventuellen Verurteilung damit rechnen, von ganz oben herausgeboxt zu werden, deutet der Trump-Vertraute Newt Gingrich an. Das Signal des Präsidenten sei klar: „Hilfe ist auf dem Weg.“