Rom. Der politische Wind in Italien dreht schnell. Erneut ist eine Populisten-Regierung im Gespräch. Finanzmärkte sind auf Achterbahnfahrt.

Aus dem italienischen Polit-Chaos könnte doch noch eine gewählte populistische Regierung hervorgehen. Der Präsidentenpalast bestätigte am Mittwoch, dass Staatschef Sergio Mattarella und der designierte Premier Carlo Cottarelli mit der Bildung einer Übergangsregierung warten wollten, bis klar sei, ob es noch eine Einigung zwischen den Parteien geben könne.

Die Lage an den Börsen entspannte sich derweil wieder etwas. Händler sprachen von einer Gegenbewegung, nachdem am Vortag die politische Krise die Kurse ins Taumeln gebracht hatte.

Das geplante europakritische Bündnis aus der Fünf-Sterne-Bewegung und der rechten Lega war an der Personalie des gewünschten Finanzministers gescheitert. Den Euro- und Deutschlandkritiker Paolo Savona wollte der Präsident mit Blick auf die Unruhe an den Finanzmärkten nicht absegnen.

Neuwahlen sollen nicht in den Ferien stattfinden

Daraufhin hatte Mattarella den Finanzexperten Cottarelli mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt. Es gilt als ausgemacht, dass diese keine Unterstützung im Parlament bekommt – von keiner Partei.

Jedoch schien die Lega von einem neuen Versuch für ein Bündnis mit den Sternen nicht überzeugt. „An diesem Punkt behindern wir keine schnellen Lösungen, (...) aber wir wollen das Wort so schnell wie möglich wieder den Italienern geben“, verlautete aus Parteikreisen. Auch Parteichef Matteo Salvini drang auf rasche Neuwahlen – nur nicht im Juli, denn da seien die Italiener in ihren „sakrosankten“ Ferien.

Die Fünf-Sterne-Bewegung legte dafür wieder eine Kehrtwende hin und zeigte sich dem Präsidenten gegenüber wieder milder gestimmt. Ein Amtsenthebungsverfahren gegen Mattarella sei „vom Tisch“, weil die Lega dies nicht unterstütze, hatte Parteichef Luigi Di Maio am Dienstagabend in Neapel gesagt. „Wir sind bereit, unsere Position zu überdenken. Wenn wir etwas falsch gemacht haben, sagen wir es.“

Aktienkurse dürften weiter unter Druck bleiben

An Europas Finanzmärkten atmeten die Anleger am Mittwoch erst einmal tief durch. Am italienischen Anleihenmarkt gingen die Renditen als Zeichen der Entspannung deutlich zurück. Die Aktienbörsen der Region verzeichneten überwiegend Gewinne. Doch die Unsicherheit werde noch für einige Zeit hoch bleiben, sodass die Aktienkurse unter Druck bleiben dürften, schrieb Volkswirtin Silvia Ardagna von der US-Bank Goldman Sachs.

Italien lebt mit einem riesigen Schuldenberg, in absoluten Zahlen mit fast 2,3 Billionen Euro dem höchsten aller Euroländer. Das entspricht fast 132 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Erlaubt sind nach dem EU-Regelwerk für die Währungsunion eigentlich nur 60 Prozent. (dpa)