Berlin. Manche sprechen schon von „Olaf Schäuble“. Doch die Kritik am Finanzminister ist voreilig. Beim Projekt Europa muss er aber liefern.

Olaf Scholz musste sich zum Start der einwöchigen Haushaltsberatungen im Bundestag einiges anhören. Er sei ein emotionsloser Nachlassverwalter des Schäuble-Erbes, schimpft die FDP. Er verteile die Steuermilliarden lustlos mit der Gießkanne, würge die Investitionen des Bundes ab, urteilen Grüne und Linke.

Und selbst in der SPD wächst die Irritation, dass der eigene Bundesfinanzminister die „schwarze Null“ hochhält und vorerst die Hand auf zusätzliche Überschüsse hält. Über „Olaf Schäuble“ wird da bereits gespottet. Das ist verfrüht.

Wer Scholz kennt und seine Bilanz als langjähriger Hamburger Regierungschef betrachtet, weiß, dieser Mann hatte in der Vergangenheit sehr oft einen guten Plan.

Nicht alles ist Olaf Scholz geglückt

In der Finanzkrise von 2008/09 war es der Bundesarbeitsminister Scholz, der mit dem Kurzarbeitergeld verhinderte, dass viele Fachkräfte auf der Straße landeten. Den gordischen Knoten in den Bund-Länder-Finanzbeziehungen, wo das Geld zwischen reichen und armen Bundesländern verteilt wird, zerschlug er mit einem allseits akzeptierten Modell.

Olaf Scholz: Fünf Dinge, die man über ihn wissen muss

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    Nicht alles glückte ihm, man denke nur an die Krawalle rund um den G20-Gipfel in der Hansestadt zurück. Aber Scholz ist jemand, der wie die Kanzlerin die Dinge vom Ende her betrachtet. „Strategische Geduld“, heißt das bei dem knapp 60-Jährigen.

    Das wirkt in Zeiten eines US-Präsidenten Donald Trump, der per Twitter Raketenangriffe ankündigt, Handelskriege vom Zaun bricht oder eine Eskalation des Nahostkonflikts anzettelt, fast anachronistisch. Und verlangt seiner 17-Prozent-SPD viel ab. So ist der Haushaltsentwurf für 2018 kein großer Wurf. Von einer eigenen Handschrift ist nichts zu sehen. Das war auch nicht Scholz’ Job.

    Deutschland geht es blendend

    In zwei Monaten musste ein Haushalt gezimmert werden, der den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD abbildet. Und darin stecken viele gute Sachen für Familien, Rentner, Alleinerziehende, Auszubildende und Schulen. Das wird im öffentlichen Gerangel um Abschiebungen, „Bäcker“ Lindner oder ein Foto-Shooting deutsch-türkischer Fußballnationalspieler mit dem autoritären Präsidenten Erdogan schnell übersehen. Deutschland geht es im neunten Aufschwungjahr infolge unverändert blendend.

    Dass Scholz die bei der jüngsten Steuerschätzung vorausgesagten zusätzlichen Spielräume von knapp elf Milliarden Euro zum Teil für steuerliche Entlastungen der Mittelschicht und für den Internetausbau nutzen will, ist richtig. Ebenso vernünftig ist es, dem Ruf der Union nach immer neuen Milliarden für die Bundeswehr zu widerstehen. Die Bundesregierung sollte sich von Trump nicht eine gefährliche Aufrüstungslogik aufdrücken lassen.

    Das ist das Bundeskabinett

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist am 14. März 2018 zum vierten Mal zur Regierungschefin gewählt worden. Auch ihr Bundeskabinett aus SPD-, CDU- und CSU-Ministern wurde vereidigt. Wir stellen das Kabinett vor.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist am 14. März 2018 zum vierten Mal zur Regierungschefin gewählt worden. Auch ihr Bundeskabinett aus SPD-, CDU- und CSU-Ministern wurde vereidigt. Wir stellen das Kabinett vor. © dpa | Gregor Fischer
    Nach der Wahl im Bundestag wurde Merkel von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) zur Bundeskanzlerin ernannt.
    Nach der Wahl im Bundestag wurde Merkel von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) zur Bundeskanzlerin ernannt. © Getty Images | Michele Tantussi
    Ursula von der Leyen (CDU) bleibt Bundesverteidigungsministerin. Sie ist eine von drei Frauen aus der sechsköpfigen CDU-Ministerriege.
    Ursula von der Leyen (CDU) bleibt Bundesverteidigungsministerin. Sie ist eine von drei Frauen aus der sechsköpfigen CDU-Ministerriege. © dpa | Wolfgang Kumm
    Peter Altmaier (CDU) ist Wirtschaftsminister. Zuvor war der Merkel-Vertraute Bundesminister für besondere Aufgaben – der offizielle Name für den Posten, der kurz Kanzleramtsminister genannt wird.
    Peter Altmaier (CDU) ist Wirtschaftsminister. Zuvor war der Merkel-Vertraute Bundesminister für besondere Aufgaben – der offizielle Name für den Posten, der kurz Kanzleramtsminister genannt wird. © imago/Metodi Popow | M. Popow
    Anja Karliczek (CDU) ist Ministerin für Bildung und Forschung. Vor ihrer Vereidigung war sie Bundestagsabgeordente aus NRW.
    Anja Karliczek (CDU) ist Ministerin für Bildung und Forschung. Vor ihrer Vereidigung war sie Bundestagsabgeordente aus NRW. © imago/photothek | Florian Gaertner/photothek.net
    Jens Spahn (CDU) ist Gesundheitsminister. Zuvor war er parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium.
    Jens Spahn (CDU) ist Gesundheitsminister. Zuvor war er parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium. © dpa | Kay Nietfeld
    Julia Klöckner ist Landwirtschaftsministerin und gleichzeitig CDU-Vize sowie Mitglied im CDU-Bundesvorstand.
    Julia Klöckner ist Landwirtschaftsministerin und gleichzeitig CDU-Vize sowie Mitglied im CDU-Bundesvorstand. © dpa | Andreas Arnold
    Der CDU-Politiker Helge Braun, Jahrgang 1972, ist neuer Kanzleramtsminister.
    Der CDU-Politiker Helge Braun, Jahrgang 1972, ist neuer Kanzleramtsminister. © imago/photothek | Inga Kjer/photothek.net
    CSU-Chef Horst Seehofer, als bayerischer Ministerpräsident von seiner Partei nicht mehr gewollt, ist Innenminister. Die CSU handelte indes aus, dass das Innenministerium um die Bereiche Heimat und Bauen erweitert wird.
    CSU-Chef Horst Seehofer, als bayerischer Ministerpräsident von seiner Partei nicht mehr gewollt, ist Innenminister. Die CSU handelte indes aus, dass das Innenministerium um die Bereiche Heimat und Bauen erweitert wird. © imago/IPON | Stefan Boness/Ipon
    Die CSU stellt insgesamt drei Minister, darunter auch Andreas Scheuer, zuvor Generalsekretär seiner Partei: Der Politiker Jahrgang 1974 ist Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur.
    Die CSU stellt insgesamt drei Minister, darunter auch Andreas Scheuer, zuvor Generalsekretär seiner Partei: Der Politiker Jahrgang 1974 ist Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur. © dpa | Kay Nietfeld
    Gerd Müller (CSU) bekam seine Ernennungsurkunde als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ebenfalls von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Müller hatte das Amt auch schon im vorhergehenden Merkel-Kabinett inne.
    Gerd Müller (CSU) bekam seine Ernennungsurkunde als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ebenfalls von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Müller hatte das Amt auch schon im vorhergehenden Merkel-Kabinett inne. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
    Die SPD stellt insgesamt sechs Minister in der dritten großen Koalition unter Bundeskanzlerin Merkel. Olaf Scholz ist Finanzminister und der Vizekanzler. Der SPD-Politiker war zuvor Hamburgs Erster Bürgermeister und von 2002 bis 2004 SPD-Generalsekretär.
    Die SPD stellt insgesamt sechs Minister in der dritten großen Koalition unter Bundeskanzlerin Merkel. Olaf Scholz ist Finanzminister und der Vizekanzler. Der SPD-Politiker war zuvor Hamburgs Erster Bürgermeister und von 2002 bis 2004 SPD-Generalsekretär. © imago/IPON | Stefan Boness/Ipon
    Heiko Maas (SPD) ist in Merkel Kabinett Außenminister. Im Kabinett Merkel III hatte er zuvor das Amt des Justizministers inne.
    Heiko Maas (SPD) ist in Merkel Kabinett Außenminister. Im Kabinett Merkel III hatte er zuvor das Amt des Justizministers inne. © dpa | Michael Kappeler
    Hubertus Heil, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, ist Arbeits- und Sozialminister und bekam die entsprechende Urkunde vom Bundespräsidenten.
    Hubertus Heil, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, ist Arbeits- und Sozialminister und bekam die entsprechende Urkunde vom Bundespräsidenten. © Getty Images | Michele Tantussi
    Franziska Giffey (SPD), zuvor Bezirksbürgermeisterin in Berlin-Neukölln, ist die neue Familienministerin.
    Franziska Giffey (SPD), zuvor Bezirksbürgermeisterin in Berlin-Neukölln, ist die neue Familienministerin. © dpa | Karlheinz Schindler
    Svenja Schulze (SPD), bisher Generalsekretärin der NRW-SPD, hat nun den Posten als Umweltministerin inne.
    Svenja Schulze (SPD), bisher Generalsekretärin der NRW-SPD, hat nun den Posten als Umweltministerin inne. © dpa | Rolf Vennenbernd
    Und das sind die Staatsminister: SPD-Politiker Michael Roth ist Staatsminister für Europaangelegenheiten im Auswärtigen Amt.
    Und das sind die Staatsminister: SPD-Politiker Michael Roth ist Staatsminister für Europaangelegenheiten im Auswärtigen Amt. © Getty Images | Carsten Koall
    Die CSU-Politikerin Dorothee Bär ist Staatsministerin für Digitales und im Kanzleramt angesiedelt.
    Die CSU-Politikerin Dorothee Bär ist Staatsministerin für Digitales und im Kanzleramt angesiedelt. © dpa | Karlheinz Schindler
    SPD-Politikerin Katarina Barley übernahm zunächst das Justizministerium. Nach der Europawahl wechselt sie allerdings nach Brüssel.
    SPD-Politikerin Katarina Barley übernahm zunächst das Justizministerium. Nach der Europawahl wechselt sie allerdings nach Brüssel. © imago/Reiner Zensen | Reiner Zensen
    Neue Bundesjustizministerin wird Christine Lambrecht (SPD). Sie war zuvor parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion.
    Neue Bundesjustizministerin wird Christine Lambrecht (SPD). Sie war zuvor parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion. © imago/Metodi Popow | M. Popow
    Monika Grütters (CDU) bleibt Kulturstaatsministerin.
    Monika Grütters (CDU) bleibt Kulturstaatsministerin. © Getty Images | Pascal Le Segretain
    Die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering, Frau des früheren SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering, ist Staatsministerin für internationale Kulturpolitik.
    Die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering, Frau des früheren SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering, ist Staatsministerin für internationale Kulturpolitik. © dpa | Kay Nietfeld
    Feierlicher Termin am 14. März 2018 im Schloss Bellevue in Berlin (v.l.n.r.): Helge Braun (CDU), Gerd Müller (CSU), Anja Karliczek (CDU), Jens Spahn (CDU), Katarina Barley (SPD, inzwischen nach Brüssel gewechselt), Julia Klöckner (CDU), Ursula von der Leyen (CDU), Heiko Maas (SPD), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Olaf Scholz (SPD), Horst Seehofer (CSU), Peter Altmaier (CDU), Hubertus Heil (SPD), Franziska Giffey (SPD), Andreas Scheuer (CSU) und Svenja Schulze (SPD).
    Feierlicher Termin am 14. März 2018 im Schloss Bellevue in Berlin (v.l.n.r.): Helge Braun (CDU), Gerd Müller (CSU), Anja Karliczek (CDU), Jens Spahn (CDU), Katarina Barley (SPD, inzwischen nach Brüssel gewechselt), Julia Klöckner (CDU), Ursula von der Leyen (CDU), Heiko Maas (SPD), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Olaf Scholz (SPD), Horst Seehofer (CSU), Peter Altmaier (CDU), Hubertus Heil (SPD), Franziska Giffey (SPD), Andreas Scheuer (CSU) und Svenja Schulze (SPD). © dpa | Bernd von Jutrczenka
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    Scholz muss eigene Akzente setzen

    Wichtiger ist es, dass die Europäische Union sich zu einer gemeinsamen Außen-, Sicherheits- und Handelspolitik aufrafft und nicht wie ein Kaninchen vor der Schlange Trump erstarrt. Erst dann wird man sehen, wo und wie Extrageld aus dem deutschen Haushalt für europäische Rüstungsprojekte sinnvoll ist.

    So ist Scholz’ Strategie, das reichlich vorhandene Steuergeld nicht sofort mit vollen Händen zu verteilen, nachvollziehbar. Die Deutschen schätzen besonnene und knauserige Finanzminister. Olaf Scholz hat einen Vertrauensvorschuss verdient. Er sollte ihn aber nutzen. Spätestens im Haushalt für das kommende Jahr muss Scholz eigene Akzente setzen und seine Politik besser erklären.

    Millionen Wählern und den SPD-Mitgliedern wurde versprochen, dass die GroKo die teils marode In­fra­struktur des Landes auf Vordermann bringt, gemeinsam mit Frankreich das Friedens- und Wohlstandsprojekt Europa voranbringt. Das wird für Scholz der Lackmustest.