Berlin. Bund, Länder und Kommunen können laut einem Bericht mit 60 Milliarden Euro zusätzlich rechnen. Ein Großteil ist aber schon verplant.

Bund, Länder und Kommunen können in den kommenden fünf Jahren nach einem Zeitungsbericht mit rund 60 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen rechnen als es sich bislang abzeichnete. Das „Handelsblatt“ berief sich am Sonntag mit dieser Zahl auf verschiedene Schätzvorlagen für die am Montag in Mainz beginnende amtliche Steuerschätzung.

Grund sei vor allem die anhaltend günstige Konjunktur über das laufende Jahr hinaus. Von den genannten Mehreinnahmen dürften demnach Bund und Länder mit jeweils zusätzlich rund 26 Milliarden Euro gleichermaßen profitieren. Der Rest fließe den Kommunen zu.

Finanzministerium warnt vor überzogenen Erwartungen

Das Bundesfinanzministerium warnte umgehend vor überzogenen Erwartungen in Hinblick auf neue Finanzspielräume für den Bund. Es lehnte es auf Anfrage aber ab, die in dem Bericht genannten Zahlen zu kommentieren. Das Ministerium verwies aber darauf, dass seine aktuellen Haushalts- und Finanzplanungen bereits aktuellere Zahlen zur Grundlage hätten, als die der letzten Schätzung vom November.

Deutschlands drängendste Probleme

Was sind die drängendsten Aufgaben der neuen Bundesregierung? Nach einer Umfrage von Kantar Emnid im Auftrag unserer Redaktion auf Platz 1: Sicherung der Rente. 95 Prozent der Befragten finden, dass die neue Bundesregierung die Rentenentwicklung rasch thematisieren sollte. Nur 4 Prozent halten das für unwichtig oder völlig unwichtig.
Was sind die drängendsten Aufgaben der neuen Bundesregierung? Nach einer Umfrage von Kantar Emnid im Auftrag unserer Redaktion auf Platz 1: Sicherung der Rente. 95 Prozent der Befragten finden, dass die neue Bundesregierung die Rentenentwicklung rasch thematisieren sollte. Nur 4 Prozent halten das für unwichtig oder völlig unwichtig. © dpa | Julian Stratenschulte
Platz 2: Auch die Einbruchskriminalität beschäftigt die Deutschen. 91 Prozent wünschen sich, die große Koalition möge sie eindämmen. Für 7 Prozent ist das Problem irrelevant.
Platz 2: Auch die Einbruchskriminalität beschäftigt die Deutschen. 91 Prozent wünschen sich, die große Koalition möge sie eindämmen. Für 7 Prozent ist das Problem irrelevant. © dpa | Frank Rumpenhorst
Platz 3: Seit drei Jahren gibt es die Mietpreisbremse, doch eine Mehrheit der Deutschen hält sie offenbar nicht für wirksam. 85 Prozent gaben in der Umfrage an, es sei sehr wichtig oder wichtig, die Mietpreisentwicklung zu bremsen. 12 Prozent sehen das nicht so.
Platz 3: Seit drei Jahren gibt es die Mietpreisbremse, doch eine Mehrheit der Deutschen hält sie offenbar nicht für wirksam. 85 Prozent gaben in der Umfrage an, es sei sehr wichtig oder wichtig, die Mietpreisentwicklung zu bremsen. 12 Prozent sehen das nicht so. © dpa | Frank Molter
Platz 4: Vor allem in den sozialen Medien wimmelt es von Hasskommentaren. Diese zu bekämpfen halten 84 Prozent der Deutschen für sehr wichtig oder wichtig, 12 Prozent hingegen für unwichtig oder völlig unwichtig.
Platz 4: Vor allem in den sozialen Medien wimmelt es von Hasskommentaren. Diese zu bekämpfen halten 84 Prozent der Deutschen für sehr wichtig oder wichtig, 12 Prozent hingegen für unwichtig oder völlig unwichtig. © imago/photothek | Thomas Trutschel/photothek.net
Platz 5: 78 Prozent der Bürger sehen die Entlastung von Steuern und Abgaben als eine wichtige oder sehr wichtige Aufgabe der neuen Regierung. Für 18 Prozent ist das unwichtig bis völlig unwichtig.
Platz 5: 78 Prozent der Bürger sehen die Entlastung von Steuern und Abgaben als eine wichtige oder sehr wichtige Aufgabe der neuen Regierung. Für 18 Prozent ist das unwichtig bis völlig unwichtig. © dpa-tmn | Robert Günther
Platz 6: Im Mittelfeld der drängendsten Probleme landet der Ausstieg aus der Kohlenergie. 69 Prozent der Befragten gaben an, dass sie ihn für wichtig bis sehr wichtig halten, 27 Prozent halten das Problem für (völlig) unwichtig.
Platz 6: Im Mittelfeld der drängendsten Probleme landet der Ausstieg aus der Kohlenergie. 69 Prozent der Befragten gaben an, dass sie ihn für wichtig bis sehr wichtig halten, 27 Prozent halten das Problem für (völlig) unwichtig. © dpa | Julian Stratenschulte
Platz 7: 67 Prozent der Deutschen möchten, dass die Regierung die Bundeswehr schnell besser ausstattet. Für 28 Prozent ist das kein drängendes Thema.
Platz 7: 67 Prozent der Deutschen möchten, dass die Regierung die Bundeswehr schnell besser ausstattet. Für 28 Prozent ist das kein drängendes Thema. © REUTERS | POOL
Platz 8: Die Begrenzung der Zuwanderung hat für 66 Prozent der Bundesbürger Priorität, 32 Prozent sehen sie als weniger drängendes Problem.
Platz 8: Die Begrenzung der Zuwanderung hat für 66 Prozent der Bundesbürger Priorität, 32 Prozent sehen sie als weniger drängendes Problem. © dpa | Carsten Rehder
Platz 9: 56 Prozent der Befragten finden, dass die große Koalition Diesel-Fahrverbote dringend abwenden sollte. Für 39 Prozent ist das überhaupt nicht relevant.
Platz 9: 56 Prozent der Befragten finden, dass die große Koalition Diesel-Fahrverbote dringend abwenden sollte. Für 39 Prozent ist das überhaupt nicht relevant. © imago/Arnulf Hettrich | imago stock&people
Platz 10: 52 Prozent der Deutschen ist es wichtig bis sehr wichtig, dass die Hartz-IV-Sätze erhöht werden, 40 Prozent gaben an, eine Erhöhung sei (völlig) unwichtig.
Platz 10: 52 Prozent der Deutschen ist es wichtig bis sehr wichtig, dass die Hartz-IV-Sätze erhöht werden, 40 Prozent gaben an, eine Erhöhung sei (völlig) unwichtig. © dpa | Oliver Berg
Platz 11: Die Rundfunkgebühren sollen weg – das halten 50 Prozent der Deutschen für wichtig bis sehr wichtig. 46 Prozent sind entgegengesetzter Meinung.
Platz 11: Die Rundfunkgebühren sollen weg – das halten 50 Prozent der Deutschen für wichtig bis sehr wichtig. 46 Prozent sind entgegengesetzter Meinung. © dpa | Arno Burgi
Platz 12: Höhere Investitionen in Europa steht bei den Deutschen an letzter Stelle der drängendsten Probleme. 42 Prozent halten das für wichtig bis sehr wichtig, 52 Prozent hingegen für unwichtig bis völlig unwichtig.
Platz 12: Höhere Investitionen in Europa steht bei den Deutschen an letzter Stelle der drängendsten Probleme. 42 Prozent halten das für wichtig bis sehr wichtig, 52 Prozent hingegen für unwichtig bis völlig unwichtig. © imago/Manngold | imago stock&people
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Insofern seien darin schon höhere Steuereinnahmen eingerechnet. „Daher führt ein Vergleich der Ergebnisse der Steuerschätzung vom 9. Mai mit den in der letzten November-Schätzung prognostizierten Steuereinnahmen zu irreführenden und falschen Antworten auf die Frage, ob sich möglicherweise neue zusätzliche Spielräume im Bundeshaushalt ergeben“, sagte eine Ministeriumssprecherin.

Mehr als 900 Milliarden Euro Steuereinnahmen 2022

Im vergangenen November hatte der Arbeitskreis Steuerschätzung dem Staat jährliche Steigerungen bei den Steuereinnahmen zwischen 3,7 und 4,1 Prozent jährlich vorausgesagt. Das ergab eine Zunahme von 764,3 Milliarden Euro im laufenden Jahr auf rund 890 Milliarden Euro im Jahr 2022. Nach den Handelsblatt-Zahlen dürfen nun aber in fünf Jahren die Marke von 900 Milliarden Euro übertroffen werden.

Auch der Industrieverband BDI rechnet mit Rekordeinnahmen des Staates. Er plädierte dafür, diese für mehr Investitionen und eine Absenkung der Steuerlast der Unternehmen zu nutzen. „Es ist kontraproduktiv, den historisch einmaligen Spielraum für Zukunftsinvestitionen verstreichen zu lassen“, warnte der BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. Deutschland müsse mehr für Wachstum und Innovationen tun, denn die gute Konjunktur werde nicht automatisch so weiterlaufen.

Lang beklagte, die Regierung lasse die Unternehmen bislang „links liegen“. So müsse sie nun aber endlich den Einstig in die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung wagen. Die Steuerlast für Firmen sollte sie langfristig von rund 30 auf etwa 25 Prozent absenken. (rtr)