München. In Bayern sollen psychisch Kranke künftig in einer Datei registriert werden. Doch nicht nur deshalb sorgt der Gesetzentwurf für Kritik.

Erst kürzlich sorgte der Gesetzesentwurf des bayerischen Polizeigesetzes für Aufregung. Polizisten sollen dabei unter anderem dazu bemächtigt werden, in Ausnahmefällen sogar Handgranaten tragen zu dürfen. Jetzt steht erneut ein Vorhaben aus dem CSU-geführten Kabinett von Ministerpräsident Markus Söder in der Kritik.

Das geplante Gesetz trägt den sperrigen Titel „Bayerisches Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz“ (BayPsychKHG), für den Entwurf zeichnen die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml und Sozialministerin Kerstin Schreyer verantwortlich.

Patientendaten werden gespeichert

Mit dem neuen Gesetz, so heißt es im Entwurf gleich auf der ersten Seite, „soll ein Beitrag zur Entstigmatisierung psychisch kranker Menschen geleistet werden.“ Doch das Gesetz könnte genau das Gegenteil bewirken, denn damit werden psychisch Kranke, zum Beispiel Depressive, wie Straftäter behandelt.

So ermöglicht es unter anderem, den Besuch von Patienten einzuschränken, ihre Telefone zu überwachen und sie zu untersuchen – Körperöffnungen inklusive. Zudem sollen sie in Krankenhäuser eingewiesen werden können.

Doch nicht nur das: Kliniken werden dazu verpflichtet, Patientendaten in einer sogenannten Unterbringungsdatei für insgesamt fünf Jahre zu speichern. Verlässt ein Patient die Klinik, muss das sogar der Polizei gemeldet werden.

Eingriff in die Persönlichkeitsrechte

Experten kritisieren, dass es mit dem geplanten Gesetz weniger um Hilfe für psychisch Kranke geht. „Anstatt die Hilfe und Heilung in den Vordergrund zu stellen, geht es im Gesetz primär um Gefahrenabwehr“, sagt Margit Berndl, Vorstand des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Bayern, zur „Abendzeitung“.

Auch die Unterbringungsdatei sei ihrer Einschätzung zufolge ein schwerer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte. In weiten Teilen ähnele das Gesetz wörtlich den Bestimmungen zum Maßregelvollzug für psychisch kranke Straftäter. Dass psychisch Kranke wie Kriminelle behandelt werden sollen, ist nach Einschätzung des Verbandes allerdings kontraproduktiv.

Stigmatisierung verstärkt sich

Denn viele Betroffene haben schon jetzt häufig Angst vor der Psychiatrie. Experten befürchten, dass sich das durch das neue Gesetz und die damit verbundene zunehmende Stigmatisierung nur noch verstärkt. Das könnte dazu führen, dass sie sich zurückziehen, ihre Krankheit verschweigen – und auf Hilfe verzichten.

Positiv an dem Gesetzentwurf: Die CSU will einen psychiatrischen Krisendienst im ganzen Bundesland aufbauen – das klingt nach mehr Hilfe für Betroffene; 2,7 Millionen Bayern litten 2014 an einer psychischen Störung. (bekö)