Luxemburg/Berlin. Kirchen dürfen nicht bei jeder Stelle von Bewerbern eine Religionszugehörigkeit fordern. Dies entschied der Europäische Gerichtshof.

Wenn kirchliche Arbeitgeber von Stellenbewerbern die Kirchenmitgliedschaft verlangen, muss dies Gegenstand einer gerichtlichen Kontrolle sein können. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg zu einem Fall aus Deutschland.

Eine konfessionslose Berlinerin hatte sich erfolglos beim Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung beworben und daraufhin wegen religiöser Diskriminierung geklagt. (AZ: C-414/16)

Bekannt ist der Fall unter dem Namen der Klägerin Vera Egenberger. Die Berlinerin bewarb sich 2012 um eine befristete Stelle – erfolglos. Abgelehnt wurde sie allein wegen ihrer fehlenden Kirchenzugehörigkeit, ist sich Egenberger sicher.

Stelle war für christliche Bewerber ausgeschrieben

Das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung hatte in einer Stellenausschreibung für eine befristete Referentenstelle für das Projekt „Parallelberichterstattung zur UN-Antirassismuskonvention“ die Zugehörigkeit zu einer protestantischen Kirche explizit gefordert. Bewerber sollten diese auch in ihrem Lebenslauf ausweisen. Eine konfessionslose Bewerberin wurde nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen.

Da sie annahm, sie habe die Stelle wegen ihrer Konfessionslosigkeit nicht bekommen, verklagte Egenberger die evangelische Institution und forderte knapp 10.000 Euro Entschädigung.

Rechtsstreit wanderte durch viele Instanzen

Egenberger sagt, sie hätte auch ohne Konfessionszugehörigkeit zur Stellenbeschreibung gepasst. Dafür verweist sie auf jahrelange Tätigkeit bei Nichtregierungsorganisationen: „Mein Lebenslauf ist voll mit einschlägigen Berufserfahrungen.“

Der Rechtsstreit ist in Deutschland bis zum Bundesarbeitsgericht gewandert. Dieses forderte schließlich den EuGH auf, die EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung im Beruf auszulegen. Hauptfrage: Dürfen Kirchen und ihre Einrichtungen selbst bestimmen, ob sie die Konfession bei jeder möglichen Stelle vorschreiben – zum Beispiel bei Putzfrau und Gärtner ebenso wie bei Pfarrer und Chefarzt?

Nun urteilte der EuGH: Zwar stehe es staatlichen Gerichten in der Regel nicht zu, über das Ethos kirchlicher Arbeitgeber als solches zu befinden, mit dem das Erfordernis der Konfession begründet wird. Die Gerichte hätten aber festzustellen, ob die Voraussetzung einer bestimmten Konfession mit Blick auf dieses Ethos im Einzelfall „wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt“ sei.

Klägerin darf auf Entschädigung hoffen

Im Lichte des EuGH-Urteils muss nun die deutsche Justiz über den Fall entscheiden und der Klägerin gegebenenfalls die von ihr geforderten rund 10.000 Euro Entschädigung zusprechen.

Das evangelische Kirchenrecht verlangt grundsätzlich von allen Mitarbeitern, dass sie evangelisch sind. Es gibt aber Ausnahmen für andere christliche Konfessionen und seit vergangenem Jahr auch für Anders- und Nichtgläubige. (epd/dpa)