Berlin/Madrid. Rajoy fordert: Politik soll sich nicht in Fall Puigdemont einmischen. Vor allem ein Zitat von Katarina Barley schlägt Wellen in Madrid.

Die Freilassung des ehemaligen katalanischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont belastet die deutsch-spanischen Beziehungen. Insbesondere die Äußerung von Justizministerin Katarina Barley (SPD), die die Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig laut „Süddeutscher Zeitung“ als „absolut richtig“ bezeichnet hatte, stößt in der spanischen Regierung auf Kritik.

Außenminister Alfonso Dastis sagte: „Diese Erklärungen sind etwas unglücklich, denn den Europäischen Haftbefehl hat man in der EU eingeführt, um dieses Thema unter Richtern anzugehen und unabhängig von politischen Meinungen.“ Später ließ Barley die Stellungnahme dementieren, doch der Schaden war da.

Ministerpräsident Rajoy findet Barleys Bewertung unangebracht

In der spanischen Regierung herrsche „Verwirrung und Ärger“, schrieb die gewöhnlich gut informierte Zeitung „El País“ unter der Schlagzeile: „Der Fall Puigdemont sorgt für Risse in den Beziehungen zwischen Spanien und Deutschland“.

Ministerpräsident Mariano Rajoy stellte ebenfalls klar, dass er Barleys Bewertung unangebracht findet: Das spanische Auslieferungsgesuch „ist ausschließlich ein Thema der Justizbehörden“. Und weiter: „Wir haben eine Gewaltenteilung, und die Regierungen mischen sich nicht in diese Angelegenheit ein.“

Das Oberlandesgericht Schleswig hatte Puigdemont auf freien Fuß gesetzt

Der Sprecher von Rajoys Volkspartei (PP) im EU-Parlament, Esteban González Pons, wurde von spanischen Medien mit den Worten zitiert, das Schengener Abkommen mache „keinen Sinn mehr, wenn der Europäische Haftbefehl nicht funktioniert“.

Das Oberlandesgericht Schleswig hatte den spanischen Hauptvorwurf der Rebellion fallengelassen und Puigdemont unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt. Nach einem von Spanien erlassenen Europäischen Haftbefehl wurde ein Auslieferungshaftbefehl nur wegen des zweiten Vorwurfs der Untreue zugelassen.

Landet der Auslieferungsstreit vor dem Europäischen Gerichtshof?

Aber auch zwischen der Justiz der beiden Länder scheint das Vertrauen gestört zu sein. Spaniens Generalstaatsanwaltschaft wie auch der oberste Gerichtshof in Madrid erwägen, den Auslieferungsstreit dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Dies könnte eine Entscheidung über Puigdemont weiter verzögern.

Die spanische Staatsanwaltschaft erinnerte daran, dass die deutschen Richter nur zu entscheiden hätten, ob die erhobenen Vorwürfe auch in Deutschland strafbar wären. Sie seien aber nicht befugt, darüber zu befinden, ob ein Tatvorwurf der spanischen Justiz prinzipiell berechtigt sei oder nicht.

Puigdemont gibt sich kompromissbereit

Einen Tag nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis in Neumünster gab sich Puigdemont bei einer Pressekonferenz am Sonnabend in Berlin kompromissbereit: „Die Unabhängigkeit ist für uns nicht die einzige Lösung. Wir sind bereit, zuzuhören.“ Die Forderung nach einer Abspaltung Kataloniens nahm er aber auch nicht zurück. (mit dpa)