Berlin . Der syrische Machthaber Assad hat sich gegen die Rebellen durchgesetzt. Washington, Paris und Berlin stehen da wie begossene Pudel.

Die jüngsten Bilder vom Bombenhagel auf die syrische Region Ost-Ghuta sind erschütternd und verstörend. Zerschossene Häuser, Schwerverletzte, völlig überfüllte Krankenhäuser und Leichenhallen: Der fast sieben Jahre andauernde Bürgerkrieg mit mehr als 400.000 Toten ist noch nicht zu Ende. Der Zerstörungsrausch der syrischen Regierungstruppen zeugt von grenzenlosem Zynismus. Präsident Baschar al-Assad geht über Leichen.

Aber nicht nur er. Die verbliebenen islamistischen Rebellen sind eben keine Freiheitskämpfer, sondern die Verfechter eines finsteren Scharia-Staats. Die Ableger des Terrornetzwerks al-Qaida oder versprengte IS-Kämpfer nehmen ebenfalls keine Rücksicht auf zivile Opfer. Assads Soldaten werden sie am Ende in die Flucht schlagen oder auslöschen. Der Diktator in Damaskus hat gesiegt.

Der Hass von Erdogan auf Assad kennt keine Grenzen

Schwer zu sagen, ob die syrische Tragödie hätte verhindert werden können. Aber der Westen hat von Beginn an die Lage falsch eingeschätzt, und er hat keine schlüssige Strategie verfolgt. Zunächst hieß es: Assad muss weg, ohne ernsthaft zu fragen, wer ihm nachfolgen soll.

Angesichts der militärischen Rückschläge der syrischen Truppen vor rund fünf Jahren waren die Geheimdienste zwischen Washington und London der Meinung, Assads Zeit sei abgelaufen. „Es gibt viele Anhaltspunkte dafür, dass die Endphase des Regimes begonnen hat“, sagte etwa der damalige Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), Gerhard Schindler, Ende 2012.

Danach ließ man die Dinge laufen. Die säkulare Freie Syrische Armee, die aus übergelaufenen syrischen Soldaten, Assad-Gegnern und arabischen Kämpfern bestand, erzielte zunächst beträchtliche Geländegewinne, bekam vom Westen aber nur wenig Unterstützung. Dafür rüsteten reiche Privatleute und religiöse Stiftungen aus Saudi-Arabien und andere Golfstaaten islamistische Widerständler aus, die gegen Assad kämpften. Auch Ankara soll dschihadistischen Gruppen unter die Arme gegriffen haben. Der Hass des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan auf Assad kannte keine Grenzen.

Assad kann ohne Russlands Präsident Putin nichts entscheiden

Russlands Präsident Wladimir Putin erkannte die Schwäche des Westens und ergriff die Gelegenheit beim Schopf. Vor allem durch die Passivität der Amerikaner fühlte er sich zur Militär-Intervention im September 2015 ermuntert. Assads Truppen waren zwar dezimiert, aber sie bekamen Oberwasser – dank der russischen Luftwaffe und der iranischen Kräfte. Das Mullah-Regime schickte Revolutionsgardisten sowie schiitische Milizen, rekrutierte Soldaten aus pakistanischen und afghanischen Flüchtlingen.

Es kam zu einer bizarren Allianz der Assad-Freunde Russland und Iran und des Assad-Gegners Türkei. Eine Konstellation von Putins Gnaden, der nach dem Prinzip „Teile und Herrsche“ vorgeht. So hat Erdogan bei der Eindämmung der Kurden in Nordsyrien einigermaßen freie Hand. Den Iran lässt der Kremlchef an seiner „schiitischen Achse“ zwischen Teheran, Bagdad, Damaskus und Beirut basteln. Aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Denn gleichzeitig erlaubt Putin den Israelis, Stellungen der Schiiten – zum Beispiel Hisbollah-Verbände – in Syrien zu bombardieren.

Es ist grotesk: Assad kann zwar in den großen Fragen ohne den Segen des russischen Präsidenten nichts entscheiden. Aber er sitzt fester im Sattel denn je. Der syrische Machthaber ist für Putin der Garant des Status quo. Die Politiker zwischen Washington, Paris und Berlin stehen da wie begossene Pudel. Erst wollten sie Assad weghaben, dann nur als Übergangslösung akzeptieren. Nun sieht es so aus, als ob sie mit ihm leben müssten.