Ankara/Athen. Der türkische Präsident Erdogan erhöht den Druck auf die Opposition. Die prokurdische Partei HDP wählt eine gemäßigte Parteispitze.

Die stark unter dem Druck der türkischen Regierung stehende prokurdische HDP hat bei einem Parteitag am Sonntag in Ankara eine neue Führung gewählt. Zwei gemäßigte Politiker sollen die künftige Doppelspitze der Partei bilden und sie ins Superwahljahr 2019 führen, wenn in der Türkei Bürgermeister, ein neues Parlament und ein Präsident gewählt werden.

Aber der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan will die HDP aus dem Parlament drängen. Das könnte der kurdischen PKK in die Hände spielen, die international als Terrororganisation geächtet wird.

Viele HDP-Abgeordnete sitzen in Haft

Der Kongress fand unter denkbar widrigen Bedingungen statt: Viele Funktionäre und Abgeordnete der HDP, die nach den Wahlen von 2015 die drittstärkste Parlamentsfraktion bildete, sitzen in Haft. Für den früheren Parteichef Selahattin Demirtas fordern die Staatsanwälte 142 Jahre Gefängnis. Auch gegen Serpil Kemalbay, die scheidende Co-Vorsitzende der HDP, erließ die Staatsanwaltschaft am Freitag Haftbefehl.

Kemalbays Nachfolge tritt die moderate Abgeordnete Pervin Buldan an. Ihr soll als Co-Vorsitzender der Wirtschaftsprofessor Sezai Temelli zur Seite stehen. Er personifiziert als Nicht-Kurde den Anspruch der HDP, keine reine Kurdenpartei zu sein, sondern sich als Bürgerrechtsbewegung für andere Ethnien zu öffnen.

Grund für Razzien seien kritische Kommentare zu Militäraktionen

Aus dem ganzen Land wurden Razzien gemeldet. Nach Angaben der Partei wurden in den vergangenen zehn Tagen mehr als 500 HDP-Mitglieder verhaftet. Anlass waren in den meisten Fällen kritische Kommentare zur türkischen Militäraktion gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien.

Die YPG ist der syrische Ableger der PKK. In der HDP wiederum sieht Staatschef Erdogan den politischen Arm der PKK. Je mehr Erdogan die HDP politisch ausgrenzt, desto stärker wird der radikale Flügel. Wenn es im Parlament keine Kurdenpartei mehr gibt, die sich für eine friedliche Lösung des Konflikts einsetzt, könnte die PKK auch unter der kurdischen Bevölkerung mehr Zulauf bekommen.

31 türkische Soldaten sterben bei Militäroffensive

Bei der Militäroffensive der Türkei gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordwestsyrien stieg die Zahl der getöteten türkischen Soldaten auf 31. Die Armee bestätigte am Sonntag den Tod eines weiteren Soldaten bei dem Einsatz, ohne Details zu nennen. Die Nachrichtenagentur DHA meldete, er sei bei Gefechten mit der YPG in der Region Afrin ums Leben gekommen.