Berlin. Die Jungsozialisten sind gegen die GroKo. Sie wollen jetzt ihre Argumente den Unterlagen für die Befragung der SPD-Mitglieder beilegen.

Die GroKo-Gegner unter den Sozialdemokraten bereiten sich auf den Ernstfall vor: auf die Befragung der SPD-Mitglieder über eine Fortsetzung des Bündnisses mit der Union. Dann soll „Waffengleichheit“ herrschen. Die Basis soll die Argumente beider Seiten erfahren – auch von den Gegnern und nicht bloß von den Befürwortern einer Koalition, nicht nur von der Führung.

Zurzeit verhandelt die SPD-Jugend um Juso-Chef Kevin Kühnert mit dem Parteivorstand darüber, welche Informationen den Wahlunterlagen beigelegt werden, wie ein Juso-Sprecher am Dienstag in Berlin bestätigte. Bei der Mitgliederbefragung im Jahr 2013 lautete die Botschaft der SPD-Spitze in einem Begleitschreiben an die Basis: Wir haben erfolgreich verhandelt.

Diesmal soll es anders laufen, diesmal sollen auch andere Einschätzungen zum Zuge kommen. Favorisiert wird ein eigenes Begleitschreiben mit Gegenpositionen. Davon soll die SPD-Führung nicht viel halten.

GroKo-Gegner fordern Redezeiten bei Regionalkonferenzen

Alternativ plant die Parteijugend, wenigstens alle bundesweit rund 60.000 Mitglieder im „Juso-Alter“ persönlich anzuschreiben. „Wir haben zwar keinen Zugriff auf sämtliche Mitgliederanschriften, aber auf die von den Sozialdemokraten bis 35 Jahre“, erklärte der Vorsitzende der Jusos in Nordrhein-Westfalen, Frederick Cordes. Im größten Landesverband sind rund 17.000 der 111.000 SPD-Mitglieder im Juso-Alter. Zudem fordern die GroKo-Gegner „angemessene“ Redezeiten bei Regionalkonferenzen.

In NRW sind die Widerstände besonders groß, dort ziehen auch Jusos und Senioren (Arbeitsgemeinschaft 60 plus) an einem Strang. „Die SPD-Mitglieder können die Situation sicher selbst beurteilen, aber eine Auflistung von Argumenten für und gegen eine GroKo ohne Kommentar fände ich sinnvoll“, so der AG-60-plus-Vorsitzende Walter Cremer.

SPD-Mitglieder könnten die GroKo verhindern

Die SPD-Mitglieder können das Bündnis verhindern und die Patt-Republik um einige Monate verlängern. Und vermutlich wird keiner die No-GroKo-Bewegung stoppen können, auch nicht das Bundesverfassungsgericht. Zwar ließ am Dienstag die Meldung aufhorchen, wonach in Karlsruhe fünf Klagen gegen die Basisanhörung vorliegen. Doch zwei Anträge wurden nicht angenommen, die übrigen drei Klagen sind Wiedergänger.

Schon vor vier Jahren hatte die SPD ihre Mitglieder befragt, auch damals zogen Kritiker nach Karlsruhe. Weil die Richter des Zweiten Senats das Votum der Mitglieder nicht untersagten, lohnt sich die Lektüre der Entscheidung von 2013. Als Fingerzeig. Beklagt wird heute, dass die Befragung das Recht der freien Entscheidung der Abgeordneten einschränke und dass die 450.000 SPD-Mitglieder das Votum der Bundestagswahl verfälschen könnten; also den Willen von Menschen, die mehrheitlich gerade nicht Mitglieder der Partei sind.

SPD-Führung: Basis-Votum ist bindend

Für die Richter ist die Einbindung der Abgeordneten in Partei und Fraktion indes „erlaubt und gewollt“. Schließlich spielten sie bei der politischen Willensbildung eine besondere Rolle, „weil ohne die Formung des politischen Prozesses durch geeignete freie Organisationen eine stabile Demokratie in großen Gemeinschaften nicht gelingen kann“. Die Freiheit des einzelnen Abgeordneten gehe nicht verloren. Sie bleibe bei einzelnen Abstimmungen in der Fraktion und im Plenum des Bundestages bei Abweichungen von der sogenannten Fraktionsdisziplin erhalten.

Im konkreten Fall ist es allerdings kein realistisches Szenario. Denn die SPD-Führung hat klargemacht, dass das Votum der Basis für sie bindend ist. Sagen die Mitglieder „No“, wird der Koalitionsvertrag nicht unterzeichnet, eine gemeinsame Regierung kommt nicht zustande – und die Abgeordneten sind gar nicht erst gefragt.