Paris. Salah Abdeslam soll als einziger Täter den Pariser Terror überlebt haben. In Brüssel ist er des versuchten Polizistenmordes angeklagt.

Mehr als zwei Jahre nach den islamistischen Anschlägen in Paris mit 130 Toten hat in Brüssel ein Prozess wegen versuchten Mordes gegen den einzigen überlebenden Tatverdächtigen Salah Abdeslam begonnen. Unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen war Abdeslam in der Nacht zu Montag nach Brüssel gebracht worden.

Nicht minder rigoros sind die Sicherheitsmaßnahmen rund um seinen Prozess, der belgischen Hauptstadt begann. Sogar auf der Anklagebank wird Abdeslam, der wohl als einziger mutmaßlicher Täter die Pariser Terroranschläge vom 13. November 2015 überlebt hat, von zwei schwer bewaffneten und vermummten Elitepolizisten eingerahmt, die ihn keine Sekunde aus den Augen lassen.

Für Abdeslam nur der Auftakt einer Prozesslawine

Der 28-jährige Franzose marokkanischer Abstammung, der seit April 2016 in französischer Untersuchungshaft sitzt, und ein mutmaßlicher Komplize müssen sich in Brüssel wegen versuchten Polizistenmordes verantworten. Doch zumindest für Abdeslam handelt es sich lediglich um den Auftakt einer auf ihn zurollenden Prozesslawine.

Angeklagter Abdeslam auf dem Weg zum Prozess in Belgien

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    Sowohl in Frankreich wie in Belgien stehen weitere Verfahren an wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und der Beteiligung oder der Vorbereitung blutiger Anschläge, bei denen in Paris und in Brüssel insgesamt 165 Menschen in den Tod gerissen und mehr als 700 weitere zum Teil schwer verletzt wurden.

    Abdeslam soll einer der Hauptveranwortlichen der Anschläge sein

    Abdeslam gilt bei Ermittlern als der Logistiker und einer der Hauptverantwortlichen der Pariser Anschläge vom 13. November 2015. Höchstwahrscheinlich ist Abdeslam auch das einzige noch lebende Mitglied jener drei Killerkommandos, die am Stade de France, im Konzertsaal Bataclan sowie in mehreren Bars und Restaurant beinahe zeitgleich 130 Menschen töteten. Alle übrigen Attentäter sprengten sich entweder in die Luft oder wurden getötet. Unter ihnen befand sich auch Abdeslams 31-jähriger Bruder Brahim.

    In Verhören hat Abdeslam bereits zugegeben, an den Anschlägen in Paris beteiligt gewesen zu sein. Seinen Angaben zufolge gehörte er dem vierköpfigen Kommando an, dass sich während des Länderspiels Frankreich-Deutschland im Stade de France in die Luft sprengen sollte. Doch da die Terroristen aufgrund der rigorosen Kontrollen nicht in das Stadium gelangt waren, sprengten sich drei von ihnen schließlich vor dem Gebäude in die Luft. Allein Abdeslam Sprengstoffgürtel versagte wegen einer Fehlfunktion des Zünders. Er warf ihn weg und flüchtete nach Belgien.

    Angeklagter hatte Autos für Anschläge gemietet

    Die Ermittler hatten Abdeslam rasch identifiziert, weil er unter seinem eigenen Namen die beiden Kleinwagen anmietete, mit denen die Terroristen von Brüssel nach Paris und am Abend des 13. November zu den Anschlagsorten in Saint-Denis und im 11. Arrondissement von Paris fuhren. Außerdem konnten sie seine Bewegungen durch die Ortungen seines Handys recht genau nachstellen.

    Vier Monate gelang es Abdeslam, sich den Fahndern zu entziehen. bevor er bei einer Razzia in Molenbeek gefasst wurde. Das war am 18. März 2016, vier Tage vor den Anschlägen in der Metro und am Flughafen von Brüssel, an deren Vorbereitung er aktiv beteiligt gewesen sein soll. Die aktuelle Anklage vor dem Brüsseler Strafgericht bezieht sich jedoch allein auf ein Feuergefecht im Stadtteil Forest drei Tage vor seiner Festnahme. Dort wollten Polizisten eine Wohnung durchsuchen, gerieten aber in einen regelrechten Kugelhagel. Bei dem stundenlangen Feuergefecht wurden drei Beamte verletzt und ein mutmaßlicher Terrorist, der Algerier Mohamed Belkaid, erschossen.

    Salah Abdeslam schweigt vor Gericht

    Zwei weitere Verdächtige konnten sich damals dem Zugriff entziehen. Die Brüsseler Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass es sich bei ihnen um Abdeslam und seinen Mitangeklagten, den 24-jährigen Tunesier Soufien Ayari handelte. Beiden drohen nun im Falle einer Verurteilung bis zu 40 Jahre Haft.

    Zum Prozessauftakt verweigerte Abdeslam, der eine Kooperation mit den Justizbehörden stets eisern ablehnte, jegliche Aussage. „Ich habe keine Angst vor Ihnen, ich vertraue auf Allah“, schleuderte er der vorsitzenden Richterin entgegen, um sich anschließend in Schweigen zu hüllen. Ebenso verbissen schwieg er bislang auch bei sämtlichen Einvernahmen durch den für die Aufklärung der Pariser Anschläge verantwortlichen Untersuchungsrichter.