Brüssel. Weil der Vizepräsident des EU-Parlaments einen Nazi-Vergleich benutzte, soll er gehen. Auslöser war wohl ein deutscher Dokumentarfilm.

Dem wegen Nazivergleichen und Beleidigungen umstrittenen polnischen Europapolitiker Ryszard Czarnecki droht die Abwahl von seinem Posten als Vizepräsident des EU-Parlaments. Die Fraktionschefs der größten Europaparteien machten am Donnerstag den Weg für eine entsprechende Abstimmung nächsten Mittwoch im Europaparlament frei.

Czarnecki, Politiker der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit PiS, war mit Hetze gegen die liberalkonservative polnische Europaabgeordnete Roza von Thun in die Kritik geraten. Er hatte sie mit einem „Szmalcownik“ verglichen. Der Begriff bezeichnet in Polen Nazi-Kollaborateure, die Juden an Nazis verrieten.

Politikerin hatte in deutscher Doku PiS-Partei kritisiert

Auslöser seiner Kritik war der Auftritt von Thuns in einer deutschen TV-Dokumentation, in der sie vor den umstrittenen Reformen der PiS-Regierung und deren Gefahr für Polens Demokratie warnte.

Für die Abwahl nötig wäre eine Zweidrittelmehrheit der Stimmen im Parlament. Bereits vor rund drei Wochen hatten vier Fraktionschefs, darunter der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP) Manfred Weber, in einem offenen Brief gefordert, dass Czarnecki nicht länger Vizepräsident bleibt. Dagegen stimmten am Donnerstag in der Runde der Fraktionschefs Vertreter der nationalkonservativen EKR, der Czarnecki angehört, und der rechtspopulistischen EFDD. Die rechtsextreme ENF enthielt sich. (dpa)