Brüssel. Es sind bittere Pillen für die Briten: Auch nach dem Brexit im März 2019 gelten für London erst einmal die Regeln und Gesetze der EU.

Jetzt müssen die Briten ganz tapfer sein. Eigentlich wollten sie mit dem EU-Austritt ihres Landes in 14 Monaten endlich die vielen lästigen Vorschriften aus Brüssel loswerden. Doch nun wird alles erst mal noch schlimmer: Auch nach dem Brexit im März 2019 muss Großbritannien für eine Übergangszeit alle EU-Regeln einhalten, sogar neu beschlossene EU-Gesetze befolgen, die Regierung muss weiter Milliarden in die EU-Kasse einzahlen und bleibt auch der verhassten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs unterworfen. Mit einem Unterschied: Die Briten werden in Brüssel selbst nichts mehr zu sagen und mitzuentscheiden haben. Alles bleibt wie bisher, bloß ohne Mitspracherecht Londons.

Die britische Premierministerin Theresa May auf dem Weltwirtschaftsforum.
Die britische Premierministerin Theresa May auf dem Weltwirtschaftsforum. © dpa | Laurent Gillieron

Das sind die Grundbedingungen der EU für eine Brexit-Übergangsphase, die mindestens bis Ende 2020 gelten soll, aber vermutlich erst deutlich später zu Ende geht. Die „transition period“ nach dem Inkrafttreten des Scheidungsvertrags soll die Zeit überbrücken, bis sich EU und Großbritannien über die künftigen Beziehungen, vor allem über einen Handelsvertrag, einig geworden sind – das wird nach Einschätzung der EU sicher nicht bis zum Brexit-Datum der Fall sein, die Gespräche darüber haben nicht einmal begonnen.

Spielraum gibt es kaum

In Kürze sollen erst mal die Verhandlungen über die Regularien für die Zwischenzeit starten, in der die Briten im Binnenmarkt und in der Zollunion bleiben: An diesem Montag sollen bei einem EU-Ministertreffen die Richtlinien für diese Gespräche beschlossen werden, danach soll die Vereinbarung zügig abgeschlossen werden.

Es sind bittere Pillen für die britische Regierung, die den Bürgern etwas ganz anderes versprochen hat. Kritiker wie der konservative Brexit-Hardliner im Unterhaus, Jacob Rees-Mogg, klagen schon, die EU mache Großbritannien zum „Vasallenstaat“. Aber Spielraum gibt es kaum: London muss die Bedingungen für den von beiden Seiten gewünschten Übergang akzeptieren, sonst verzögern sich die Gespräche über das Handelsabkommen, das für die Briten von größter Bedeutung ist.

Briten nicht zu Expertenberatungen in Brüssel zugelassen

Besorgt will sich Regierungschefin Theresa May von der EU aber im Übergangsvertrag einen „fairen Umgang“ zusichern lassen; befürchtet werden auf der Insel neue EU-Richtlinien, die an den Interessen Großbritanniens völlig vorbeigehen. De facto wird die EU die britische Handelspolitik mindestens bis Ende 2020 kontrollieren. London kann zwar schon mit anderen Staaten über Handelsabkommen verhandeln – in Kraft treten dürfen sie aber noch nicht.

Die Verhandlungslinie der EU sieht vor, dass die Briten einstweilen alles tun müssen, um die Integrität des Binnenmarktes und der Zollunion zu bewahren, was eigene Entscheidungen über Standards oder Zolltarife ausschließt. Andererseits ist Großbritannien nicht einmal zu Expertenberatungen in Brüssel zugelassen.

Die Aussichten sind auch für die Zeit danach nicht gut: Die Erwartung Londons, man werde einen Handelsvertrag zu Vorzugsbedingungen erhalten, hat EU-Chefunterhändler Michel Barnier mit Rückendeckung der Regierungschefs schon enttäuscht.