Berlin. CDU-Vize Volker Bouffier spricht von einem „guten Sondierungsergebnis“. SPD-Chef Martin Schulz warnt seine Partei indes vor Neuwahlen.

Kurz vor dem Sonderparteitag der SPD dringt die Union auf ein positives Signal für eine große Koalition. Hessens Ministerpräsident und CDU-Vize Volker Bouffier sagte unserer Redaktion: „Wir haben ein gutes Sondierungsergebnis erzielt. Ich erwarte von der Führung der SPD, dass sie dieses Ergebnis auf dem Parteitag auch vertritt, und dass es grünes Licht für Koalitionsverhandlungen gibt.“

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner erklärte, sie habe die Hoffnung, „dass diese große Volkspartei, die seit so vielen Jahren besteht, um ihre Verantwortung weiß in dieser schwierigen Situation“. Sie hoffe sehr, „dass das Führungspersonal die Fähigkeit hat und die Überzeugung hat, am Ende ihre Delegierten davon zu überzeugen, was gut für Deutschland ist“, sagte die rheinland-pfälzische CDU-Chefin am Freitag in Mainz. Ein Scheitern bringe der SPD letztlich nichts, da könne sie nichts mitgestalten.

Schulz: Parteien würden bei Neuwahl abgestraft

SPD-Chef Martin Schulz warnte seine Partei eindringlich vor den Folgen einer Ablehnung von Koalitionsverhandlungen mit der Union. „Dann würde es zu Neuwahlen kommen, und zwar ziemlich rasch“, sagte Schulz dem „Spiegel“. Die SPD müsse dann mit einem schlechteren Ergebnis rechnen. „Wenn es den Parteien nicht gelingt, mit den Mehrheiten im Bundestag eine Regierung zu bilden, würden sie von den Wählern abgestraft.“

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU).
Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU). © dpa | Boris Roessler

Zudem müsse die SPD in dem Fall mit einem Programm in den Wahlkampf ziehen, das in großen Teilen mit dem Sondierungsergebnis identisch sei, sagte Schulz und fügte hinzu: „Wie absurd wäre das denn?“ Der SPD-Vorsitzende unterstrich, er sei in die Politik gegangen, um zu gestalten. „Ich will nicht, dass die Altenpflegerin vier Jahre auf bessere Arbeitsbedingungen wartet, nur damit sich die SPD wohlfühlt.“

Unterdessen richteten SPD-Politiker aus Bund und Ländern einen gemeinsamen Aufruf an die Delegierten des SPD-Sonderparteitages, Koalitionsverhandlungen mit der Union zuzustimmen. „Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass unsere Partei nach Abwägung aller Argumente selbstbewusst in Verhandlungen über eine große Koalition eintreten sollte. Daher rufen wir die Delegierten des bevorstehenden Bundesparteitags auf, die Chance auf solche Verhandlungen zu eröffnen. Über die Bildung einer Koalition sollen die Mitglieder im Lichte der Verhandlungsergebnisse entscheiden können“, heißt es in dem zweiseitigen Papier, das unserer Redaktion vorliegt. Die SPD habe in den Sondierungen mit der Union konkrete Verbesserungen etwa in der Arbeitsmarkt-, Gesundheits-, Renten-, Bildungs- und Europapolitik durchsetzen können.

Auch frühere Juso-Chefs tragen SPD-Aufruf mit

Die Partei brauche ein Projekt 2030, heißt es weiter. „Daran zu arbeiten steht nicht in Widerspruch zu einer Regierungsbeteiligung. Im Gegenteil: Neues Vertrauen erwächst aus Selbstbewusstsein und konkretem Handeln in Verantwortung für die Menschen in Deutschland und Europa.“

Zu den Unterzeichnern des Aufrufs gehören unter anderem der ehemalige Juso-Vorsitzende und Hamburger Bundestagsabgeordnete Niels Annen, der Parlamentarische Geschäftsführer im Bundestag, Carsten Schneider, die Fraktionsvize Sören Bartol und Eva Högl. Aus dem Parteivorstand sind unter anderem Oliver Kaczmarek aus Nordrhein-Westfalen, Sachsens SPD-Chef Martin Dulig und Christoph Matschie aus Thüringen dabei. Mitgetragen wird der Aufruf auch von früheren Juso-Vorsitzenden wie Benjamin Mikfeld und Björn Böhning, der mittlerweile Chef der Senatskanzlei in Berlin ist.

Ein Sonderparteitag entscheidet am Sonntag in Bonn über die Empfehlung der Parteiführung, in Koalitionsverhandlungen mit der Union einzusteigen. Der Ausgang der Abstimmung ist angesichts großer Vorbehalte in Teilen der Partei gegen eine erneute große Koalition ungewiss.

Vor allem die Jusos in der SPD machen Druck, Verhandlungen über eine große Koalition abzulehnen. Die Parteiführung und die Gewerkschaften werben dagegen für die Aufnahme von Verhandlungen mit CDU und CSU.